taz.de -- Bremen hat die Wahl: SPD schmiert ab
Infratest sieht die Sozialdemokraten in Bremen nicht mehr als stärkste Kraft. Die Grünen sind offenbar deutlich im Aufwind.
BREMEN taz | Die rote Bastion im Land Bremen wackelt gewaltig: Die SPD verliert in einer Umfrage des Weser Kurier an Zustimmung und landet mit 24 Prozent auf Platz zwei hinter den Christdemokraten, die auf 25 Prozent [1][kommen].
So schlecht standen die Sozialdemokraten im kleinsten Bundesland noch nie da. Hier ist die SPD aus allen Wahlen seit dem Zweiten Weltkrieg als stärkste Kraft hervorgegangen. 2015 holte sie mit 32,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis, nun droht ein noch schlechteres.
Klar, die Bürgerschaftswahl findet erst am 26. Mai statt. Und jüngste Wahlen haben gezeigt: Stimmungen können sich noch drehen. Allerdings zuletzt, in Hessen und Bayern, eher noch zum Nachteil der SPD. Trotzdem zeigt sich SPD-Landeschefin Sascha Aulepp überzeugt, dass ihre Partei am Ende wieder als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen wird. Und sie gibt sich kämpferisch: „Wir müssen das, was wir geleistet haben, noch besser rüberbringen.“
Man habe, ein Verhandlungserfolg auch von Bürgermeister Carsten Sieling, durch die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erhebliche Spielräume gewonnen und habe für die Sicherung bezahlbaren Wohnraums durch den Kauf der Wohnungsbaugesellschaft Brebau gesorgt. Auch verbucht sie auf dem SPD-Konto „die Schaffung von 20.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in den letzten vier Jahren“. Aulepp vermutet einen erheblichen Einfluss des Bundestrends auf die Stimmung.
CDU und FDP wollen die Jamaika-Koalition
Die CDU fühlt sich bestärkt. Doch von ihrem angestrebten Wahlziel von 35 Prozent sind die Christdemokraten genauso weit entfernt wie die SPD von fünf weiteren Jahren mit der Grünen-Partei als einziger Koalitionspartnerin. Nichtsdestotrotz bläst die CDU zum Angriff: „Die Richtung stimmt und motiviert uns – darauf ausruhen werden wir uns aber nicht. Denn die Menschen entscheiden am 26. Mai. Dann wollen wir die stärkste Kraft werden und damit den Regierungschef stellen“, schreibt Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder auf seiner Facebook-Seite.
Aber mit wem? Es ist kein Geheimnis, dass Meyer-Heder und die Spitzenkandidatin der FDP, Lencke Steiner, sich bereits für eine Jamaika-Koalition ausgesprochen haben. Beide zeigten sich kürzlich erst wieder öffentlich zusammen. Die Freien Demokraten haben aber auch keine andere Wahl, wenn sie regieren möchten, als sich für ein Dreierbündnis auszusprechen. Denn die Liberalen stagnieren in Umfragen bei sechs Prozent.
Die Dritte im möglichen Bündnis, die Grünen, denkt erst gar nicht daran, sich zu möglichen Koalitionen zu äußern: „Wir konzentrieren uns auf unsere Inhalte wie Klimaschutz und einen sozial-ökologischen Wohnungsbau“, sagt Landesvorstandssprecherin Alexandra Werwath. Die Umfrage sei nur eine Momentaufnahme und bringe keine Prozentpunkte ein. „Wir möchten die Stimmung mit in den Wahlkampf nehmen“, sagt sie.
Die Linke könnte eine Schlüsselposition einnehmen
Ebenfalls eine Gewinnerin ist Die Linke. Auch wenn sie bei der letzten Umfrage im Mai 2018 noch 15 Prozentpunkte geholt hatte und sich demgegenüber um zwei Punkte verschlechtert, liegt sie weit über ihrem Wahlergebnis von 2015 (9,5 Prozent). Und die Linkspartei könnte am Ende das Zünglein an der Waage sein und dafür sorgen, dass die SPD weiter den Regierungschef stellen könnte und den Gang in die Opposition vermeiden kann.
Für eine Regierungsbeteiligung zeigt sich Die Linke offen. Aber nur, solange in Bildung und Schulen investiert und der kommunale Wohnungsbau gestärkt werde sowie der öffentliche Flächenverkauf gestoppt werde, sagt der Landesvorstandssprecher, Felix Pithan. Die größte Mehrheit hätte Rot-Rot-Grün laut Umfrage mit 55 Prozent. Dahinter folgen Jamaika und eine große Koalition mit jeweils 49 Prozent.
Selten war der Ausgang der Bürgerschaftswahlen offener, selten die Koalitionsoptionen so ungewiss: In der WählerInnengunst rangiert das Bündnis aus SPD und Grünen am höchsten, büßt mit 38 Prozent aber 12 Punkte an Zustimmung ein. Auf den Plätzen drei und vier landen eine große Koalition (32 Prozent) und Schwarz-Grün (31 Prozent). Die von CDU und FDP favorisierte Jamaika-Koalition kommt bei den BürgerInnen mit 27 Prozent weniger gut an.
8 Feb 2019
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