taz.de -- Kommentar Hafenverband und Umweltrecht: Steinzeit-Denken am Kai

Lästiges Gedöns, aus Technokratensicht: Zu gern würden die deutschen Seehäfen Europas Umweltrecht versenken.
Bild: Schafe gibts nicht nur an Land: Das Meyer-Kreuzfahrtschiff „World Dream“ auf dem Weg von Papenburg zur Nordsee.

Sie wollen doch nur Wässerchen trüben dürfen. Und dafür feuern sie eine volle Breitseite, um im maritimen Jargon zu bleiben. Nur zu gern würden die deutschen Seehäfen das europäische Umweltrecht versenken, das ihnen soviel Ungemach bereitet. Denn es macht die Realisierung von Infrastrukturprojekten langwierig, kompliziert und im Zweifel auch teuer. Nachvollziehbar, dass Technokraten und Investoren das mehr als lästig finden.

Die verbindliche Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof hat Standortfans EU-weit zu der bangen Frage veranlasst, ob sie denn künftig überhaupt noch irgendwo eine Fabrik bauen, ein Moor trockenlegen oder einen Fluss ausbaggern dürfen. Dürfen sie – unter Beachtung europäischer Umweltgesetze.

Und das bedeutet, dass Politiker und Wirtschaftsbosse gegenwärtig nicht mehr im Hinterzimmer ausgeheckte Pläne wider die Natur locker durchziehen können. Eben deshalb möchten Betonköpfe nicht nur in Deutschland gern das leidige Verbandsklagerecht der Umweltschützer möglichst rasch wieder abschaffen: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Drastischer noch wäre es, gleich die rechtlichen Grundlagen zu beseitigen, auf die Fortschrittsfeinde sich bislang und erfolgreich berufen. Jede Aufweichung und Entschärfung der Wasserrichtlinie würde Wirtschaft und Politik Straffreiheit für Umweltvergehen gewähren. Das ist das Ziel dieses Vorstoßes zur „Modernisierung“ des Wasserrechts, und das ist perfide.

Die Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen mit der Keule ist Steinzeitmentalität, Ökonomie statt Ökologie gehört zur Kernkompetenz fossilen Denkens. Und das liegt eindeutig über der Bagatellschwelle.

15 Nov 2018

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Sven-Michael Veit

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