taz.de -- Seenotretter fordern Unterstützung: 8.360 Menschen gerettet

Innerhalb von drei Tagen retteten private Hilfsorganisationen über 8.000 Geflüchtete aus Seenot. Sie kritisieren mangelnde Unterstützung durch die EU.
Bild: 8.360 Menschen sind am Osterwochenende von 55 Schlauch- und drei Holzbooten gerettet worden

Rom/Valetta/Regensburg dpa/epd | Nach der Rettung Tausender Migranten und Flüchtlinge im Mittelmeer innerhalb weniger Tage fordern private Hilfsorganisationen Unterstützung von der EU. Zwischen Freitag und Sonntag wurden 8.360 Menschen von 55 Schlauch- und drei Holzbooten aus Seenot gerettet, [1][wie der Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Flavio Di Giacomo, am Dienstag twitterte]. 13 Leichen seien geborgen worden, darunter die eines Achtjährigen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa.

„Im Moment ist es leider so, dass wir von staatlicher Seite sehr wenig Unterstützung bekommen, zu wenig, um ausreichend Menschen retten zu können“, sagte der Kapitän des privaten Rettungsschiffs Sea Eye dem Bayerischen Rundfunk.

Mehrere Nichtregierungsorganisationen hatten am Wochenende von einer Zuspitzung der Situation auf dem Mittelmeer berichtet. Alleine am Samstag machten die NGOs Iuventa Jugend rettet, Moas und Sea Eye nach eigenen Angaben etwa 3.000 Flüchtlinge und andere Migranten auf Schlauch- und Holzbooten etwa 20 Meilen von der libyschen Küste entfernt aus.

Am Sonntag setzte die „Iuventa“ ein Notsignal ab, am Ostermontag folgte das Schiff „Sea Eye“. Beide Schiffe waren mit geretteten Flüchtlingen in unruhiger See überladen und gerieten selbst in Seenot. Nach den Notrufen kamen ihnen andere Schiffe zur Hilfe, die Migranten konnten übergeben werden.

Den Flüchtlingen, die sich 36 Stunden auf dem Fischkutter gedrängt hatten, gehe es den Umständen entsprechend gut; sie seien inzwischen nach Italien gebracht worden. Auch die Crew sei nach 48-stündiger pausenloser Arbeit „erschöpft, aber glücklich“. Die „Sea Eye“ befindet sich nun nach eigenen Angaben auf dem Weg nach Malta zu ihrer nächsten Mission.

Der gemeinnützige Verein Sea-Eye e.V. zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer wurde 2015 von dem Regensburger Unternehmer Michael Buschheuer gegründet. Im vergangenen Jahr rettete die „Sea Eye“-Besatzung 5.568 Menschen aus Seenot.

18 Apr 2017

LINKS

[1] https://twitter.com/fladig/status/854250950999060480

TAGS

Seenotrettung
Fluchtrouten
Mittelmeer
Geflüchtete
Seenotrettung
NGO
Seenotrettung
Lesestück Recherche und Reportage
Bootsflüchtlinge
Schwerpunkt Flucht

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Seenotretter im Mittelmeer: Imageträchtige Hetzkampagne

Die Vorwürfe, NGOs würden Schleppern helfen, zielen auf deren Kriminalisierung ab. Ihre Würdigung passt nicht in die Strategie der Abschreckung,

Die EU und Seenotrettung im Mittelmeer: Rettung, wo sonst niemand rettet

Nichtregierungsorganisationen retten Schiffbrüchige im Mittelmeer. Damit wollen sie Druck auf die EU aufbauen. Die aber zeigt sich unbeeindruckt.

Flüchtlinge und Retter auf dem Mittelmeer: Schrecklicheres verhindert

Am Osterwochenende häuften sich Notrettungen von Flüchtlingen, mehr als 5.000 wurden lebend geborgen. Vermutlich gab es trotzdem mehrere Tote.

Sichtung von Flüchtlingsbooten: Eine Drohne, die Leben rettet

Hacker vom Chaos Computer Club bauen für Sea-Watch eine Drohne. Sie soll Flüchtlingsboote sichten, aber auch Verstöße von Küstenwachen dokumentieren.

Sterben an Europas Außengrenzen: Die zahllosen Toten

Niemand weiß, wie viele Menschen auf der Flucht nach Europa im Meer sterben. Das ist politisches Kalkül.

Flüchtlinge vor Libyen: Knapp tausend Menschen gerettet

Erneut retten NGOs, die libysche Küstenwache und Frontex in Seenot geratene Flüchtlinge im Mittelmeer. Sie waren in Schlauch- und Holzbooten unterwegs.