taz.de -- Bürgervertreterin über Atommüll: „Ich muss das Endlager nicht suchen“

Ein neues Gremium begleitet die Suche nach einem Endlager für Atommüll. Jorina Suckow erzählt, wie sie zufällig Mitglied wurde.
Bild: Deutschland, bekannt für seine Gründlichkeit: Ein Radlader kippt in der Asse Atommüllfässer in eine Kammer (undatierte Aufnahme)

taz: Frau Suckow, Sie sind eine von drei „BürgervertreterInnen“ im Nationalen Begleitgremium für die Endlagersuche. Wie ist es dazu gekommen?

Jorina Suckow: Das war purer Zufall. Fast 70.000 Bürger wurden am Telefon gefragt, ob sie sich für die Endlagersuche interessieren. Als ich auf dem Handy angerufen wurde, dachte ich erst, das sei ein Scherz. Nachdem mir Infomaterial per Mail zugesandt wurde, bin ich dann zu einem Forum gefahren, wo wir ausführlich über den Prozess der Standortauswahl informiert wurden. Nach einiger Überlegung habe ich mich aufstellen lassen und bin von den anderen Teilnehmer/innen gewählt worden. Und jetzt habe ich diese total spannende Aufgabe.

Worin besteht die genau?

Wir sollen die Endlagersuche unabhängig begleiten. Es geht darum, Transparenz zu schaffen, das Gemeinwohlinteresse im Blick zu haben und zu kontrollieren, dass der Prozess ergebnisoffen und wissenschaftsbasiert abläuft. Eine wichtige Aufgabe ist die Vermittlung zwischen Gesetzgeber und Öffentlichkeit. Die Bürger/innen-Anhörung zum Standortauswahlgesetz am Samstag ist unser erster Schritt. In runden Tischen mit verschiedenen Themenbereichen sollen Bürger/innen ihr Feedback zum Änderungsvorschlag der Bundesregierung geben. Wir geben die Ergebnisse dann unbewertet an das Parlament weiter.

Was möchten Sie in den drei Jahren ihrer Amtszeit leisten?

So ganz klar ist mir meine Rolle noch nicht, um ehrlich zu sein. Das Gremium ist gerade noch in der Findungsphase. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir die Öffentlichkeit auf verständliche Weise informieren, mit vielen Bildern und Videos. Als Vertreterin der jungen Generation werde ich insbesondere darauf achten, dass alle jungen Bürger den Prozess nachvollziehen können, auch ohne Vorwissen.

Was verändert sich durch das Amt in ihrem Leben?

Die Aufgabe nimmt schon eine Menge Zeit in Anspruch. Ich stecke gerade im Examen und bin täglich mindestens eine halbe Stunde mit Angelegenheiten des Gremiums beschäftigt. Die Gutachten von 180 Seiten, die ich zur Vorbereitung der Anhörung durchsehe, lesen sich auch nicht gerade wie ein Roman. Zumal ich ein Neuling auf dem Gebiet der Endlagersuche bin.

Glauben Sie, dass sich ein sicheres Endlager finden wird?

Ich muss erst mal klarstellen: Ich muss das Endlager nicht suchen. Aber ich stehe hinter dem Prozess. Der Atommüll ist da und er muss bestmöglich gelagert werden. Mich beschäftigt, wie ein Endlager über so lange Zeit sicher sein kann. Da bin ich schon sehr gespannt auf die Einschätzungen der Fachleute.

10 Feb 2017

AUTOREN

Leonie Sontheimer

TAGS

Schwerpunkt Atomkraft
Atommüllendlager
Atommüll
Endlagersuchkommission
Atommüll
Atommüll
Asse
Atommüllendlager
Schwerpunkt Atomkraft
Atomausstieg
Atommüllentsorgung

ARTIKEL ZUM THEMA

Endlagersuche für Atommüll: Das kann dauern

Sie hat eine Jahrhundertaufgabe: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung nimmt ihre Arbeit auf. Sie soll einen Ort für den deutschen Atommüll suchen.

Notfall in US-Plutoniumfabrik: Tunnel über Atommüll stürzt ein

Die Behörden im US-Staat Washington schlagen Alarm. Die Betreiber sagen, es gebe keine Hinweise auf ausgetretene Strahlung.

Radioaktive Abfälle in der Asse: 50 Jahre und kein Ende in Sicht

Vor einem halben Jahrhundert begann die Einlagerung von Atommüll im Bergwerk Asse. Kritiker fordern ein Konzept für die Bergung des Abfalls.

Kommentar Endlagergesetz im Bundestag: Chance für eine Lösung

Ideal ist der neue Gesetzentwurf leider nicht. Für einen Neustart hätte Gorleben als Standort ausgeschlossen werden müssen.

Neues Gesetz für Atommüllendlager: Alle suchen zusammen

SPD, Union und Grüne einigen sich auf einen Gesetzentwurf zur Endlagersuche für Atommüll. Er soll schnell beschlossen werden.

Bundestag beschließt Entsorgungspakt: Atomkonzerne verantwortungslos

Staat und Energiefirmen schließen einen Vertrag über Lasten der Atomenergie. Aber nicht alle kostenträchtigen Risiken für die Steuerzahler werden beseitigt.

Nette Behandlung der AKW-Betreiber: Im Gleichschritt zum Endlager

Union, SPD und Grüne sind einig über das Gesetz, das den AKW-Betreibern die finanzielle Verantwortung für ihren Müll abnimmt – obwohl die weiter klagen.