taz.de -- Nach Äußerungen zum Shoah-Gedenken: Mehrere Anzeigen gegen Höcke

Hat der AfDler NS-Verbrechen verharmlost? Ja, sagen SPDler und Linke und werfen ihm Volksverhetzung vor. Durchkommen werden sie damit nicht.
Bild: Es mag furchtbar sein, was er fordert – ein Volksverhetzer ist Björn Höcke aber wohl nicht

Freiburg taz | Mehrere Bundestagsabgeordnete haben Björn Höcke inzwischen angezeigt. Der erste war Diether Dehm von der Linken, es folgten seine Fraktionsvorsitzenden Sarah Wagenknecht und Dietmar Bartsch sowie die SPD-Frau Michaela Engelmeier.

Alle werfen Höcke „Volksverhetzung“ vor. Als „Volksverhetzung“ werden im Strafgesetzbuch (§ 130) mehrere Delikte zusammengefasst. Bei der klassischen Volksverhetzung geht es um die Aufstachelung zum Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen und die Verletzung der Menschenwürde durch Beschimpfung bestimmter Gruppen.

Seit 1994 wird als Volksverhetzung auch bestraft, wenn der Holocaust geleugnet, gebilligt oder verharmlost wird. Seit 2005 ist darüber hinaus jede Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der NS-Herrschaft strafbar. Schutzgut ist stets der „öffentliche Frieden“.

Diether Dehm erkennt in Höckes Rede gleich zweifach eine Volksverhetzung. Zum einen rufe Höcke zum Hass gegen alle auf, die die antifaschistische Erinnerungskultur bewahren wollen. Zum anderen verharmlose Höcke die NS-Verbrechen. „Wer eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert und nur noch das Schöne, Große und Gute der deutschen Geschichte zeigen will, der will logischerweise zugleich die NS-Verbrechen ausblenden und verdrängen“, erklärte Dehm auf Nachfrage.

Juristisch wird er damit wohl nicht durchkommen. Höckes Rede enthält zwar massive Kritik an der deutschen Erinnerungskultur, aber keine Aufrufe zum Hass gegen einzelne Personen oder Gruppen. Es kommt nicht darauf an, was Höcke denkt, sondern was er gesagt hat.

Auch eine Verharmlosung der NS-Verbrechen im strafrechtlichen Sinne liegt nicht vor. Höcke bestreitet nicht die Zahl der Todesopfer oder die Qualität des Völkermords. Er will nur nicht mehr daran erinnern.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1999 in seinem Wunsiedel-Beschluss den Volksverhetzungsparagrafen geprüft und dabei eine zurückhaltende Auslegung gefordert. Die mögliche Konfrontation mit „beunruhigenden Meinungen“ gehöre zum freiheitlichen Staat, so die Richter des Ersten Senats. Der Schutz vor einer „Vergiftung des geistigen Klimas“, so heiß es weiter, sei ebenso wenig ein Eingriffsgrund wie der Schutz der Bevölkerung vor einer Kränkung ihres Rechtsbewusstseins durch eine „offenkundig falsche Interpretation der Geschichte“.

19 Jan 2017

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Christian Rath

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