taz.de -- Proteste im Kongo: Deutschland droht Präsident Kabila
Deutschland setzt wegen Kabilas Amtszeitverlängerung die Verhandlungen über Entwicklungshilfe aus. Auch andere Länder „überdenken“ ihre Beziehungen.
Berlin taz | Die internationalen Partner der Demokratischen Republik Kongo nehmen den umstrittenen Amtsverbleib des Präsidenten Joseph Kabila und die Gewalt gegen Demonstranten in den letzten Tagen nicht untätig hin. In Berlin erklärte das Auswärtige Amt, die Regierung des Kongo „wird von jetzt an nur beschränkt handlungsfähig sein. Die Bundesregierung wird ihre politischen Kontakte und die Zusammenarbeit hierauf einrichten“.
Die für 2017 vorgesehenen Regierungsverhandlungen über die zukünftige Entwicklungszusammenarbeit „werden auf unbestimmte Zeit verschoben“, so die Erklärung weiter: „Die Bundesregierung behält sich zudem weitere Schritte vor“.
Die letzten deutsch-kongolesischen Regierungsverhandlungen fanden 2014 statt. Deutsche Entwicklungshilfe fließt nicht in Kongos Staatshaushalt, sondern vor allem in Bereiche wie Wald- und Naturschutz, Wasser und das Management natürlicher Ressourcen. Außerdem finanziert ein deutscher „Friedensfonds“ Wiederaufbauprojekte in Kriegsgebieten Ostkongos.
Insgesamt handelt es sich um rund 80 Millionen Euro pro Jahr. Konsultationen über die Weiterführung dieser Vorhaben hätten im Februar 2017 beginnen sollen.
„Werden sich leider verändern müssen“
In London erklärte das britische Außenministerium, die Beziehungen zur kongolesischen Regierung „werden sich leider verändern müssen“. Großbritannien ist der größte bilaterale Geber des Kongo mit Zusagen von rund 168 Millionen Pfund (rund 200 Millionen Euro) allein für das Finanzjahr 2016/17.
Auch Belgien und Frankreich äußerten sich ähnlich. Es sei „gerechtfertigt“, dass die EU ihre Beziehungen zum Kongo „überdenkt“, erklärte das französische Außenministerium. Die USA und die EU haben bereits personenbezogene Sanktionen gegen Kongo verhängt.
Der internationale Ärger speist sich nicht nur daraus, dass Präsident Kabila weiter Präsident bleibt, obwohl seine verfassungsgemäße Amtszeit am 19. Dezember abgelaufen ist. Das war schon längst klar.
Überraschend kam, dass das Regime die laufenden Versuche zu einer politischen Lösung bei Gesprächen mit der Opposition unter Vermittlung der katholischen Kirche unterläuft: In der Nacht zum Dienstag wurde ein neues Regierungskabinett vorgestellt, obwohl die Gespräche mit der Opposition, bei denen es unter anderem um eine zukünftige gemeinsame Übergangsregierung geht, offiziell lediglich unterbrochen waren.
Neue Vermittlungsgespräche in Kinshasa
Am Mittwochmittag wurden die Gespräche in Kongos Hauptstadt Kinshasa wieder aufgenommen. Marcel Utembi, Erzbischof von Kisangani, eröffnete sie mit einem Gebet für die Toten der Proteste am 19. und 20. Dezember. Er verlangte außerdem ultimativ eine Einigung bis Weihnachten.
Wie viele Menschen bei den Protesten umgekommen sind, bleibt unklar. Oppositionelle hatten am Dienstag von 19 Toten in der Stadt Lubumbashi, 5 in der Stadt Boma und einer unbekannten Zahl in Kinshasa gesprochen. Das UN-Menschenrechtsbüro im Kongo sprach von mindestens 20 Toten in Kinshasa, die Menschenrechtsorganistion Human Rights Watch von insgesamt 26.
Am Mittwoch revidierte die UN-Mission ihre Bilanz der Toten landesweit auf 19. Kongos Regierung erklärte, es habe 11 Tote gegeben, 9 davon in Kinshasa.
Vereinzelte Proteste gingen am Mittwoch in Lubumbashi weiter, während Kinshasa ruhig blieb. In Goma im Ostkongo wurden 20 Aktivisten der Jugendprotestbewegung La Lucha festgenommen.
21 Dec 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Einst schützte er Diktator Mobutu und kämpfte für Rebellenchef Bemba. Nun wird General Amuli neuer kongolesischer Polizeichef.
Der Regierungshaushalt Kongos beträgt sechs Milliarden Dollar, die Wahl soll 1,8 Milliarden kosten. Nun erklärt der Finanzminister, das sei zu teuer.
Minister Müller stellt seinen „Marshallplan mit Afrika“ vor. Er will vor allem auf mehr private Investitionen setzen. Das schmeckt den NGOs nur bedingt.
2017 könnte in dem für ganz Afrika wichtigen Land die Demokratie einziehen. Dann müssten die ausländischen Partner ihre Versprechen halten.
In allerletzter Minute bewegen die katholischen Bischöfe Regierung und Opposition zu einer Einigung über Wahlen. Ohne Präsident Joseph Kabila.
Nach Protesten gegen Präsident Kabila wird der Politiker Franck Diongo zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dabei bestand die Chance auf Annäherung.
Nach den Protesten gegen Präsident Kabila verschleppt die Arme mutmaßliche Demonstranten. Bei lokalen Konflikten gibt es zahlreiche Tote.
Nach dem offiziellen Ende des Mandats von Präsident Kabila weiten sich die Proteste aus. Das neue Kabinett wurde mitten in der Nacht vorgestellt.
Es ist der letzte Tag der regulären Regierungszeit des Präsidenten. Verhaftungen sollen jeden Protest ersticken – denn er bleibt im Amt.
Am Montag endet die reguläre Amtszeit des Präsidenten Joseph Kabila. Und dann? Der kongolesische Aktivist Fred Bauma macht sich auf alles gefasst.
Aus dem deutschen Asyl heraus befehligte Ignace Murwanashyaka seine Truppen im Kongo. Die Behörden merkten lange nichts.
Der Bundesaußenminister eröffnet eine Landebahn in Goma. Mit Mitteln aus Deutschland wird hier versucht, die zivile Wirtschaft wieder aufzubauen.
Die Piste des Flughafens von Goma war lange verschüttet. Nun übergibt Außenminister Steinmeier eine renovierte Teilstrecke.