taz.de -- Naturschutz trotz Elbvertiefung: Der Fluss wieder im Fluss
Hamburg will die Elbe künftig hegen und pflegen – aber die Elbvertiefung soll dennoch kommen. Der Senat spricht von Versöhnung von Ökonomie und Ökologie
Hamburg taz | Es gehe um die Verbesserung von Flora und Fauna der Elbe ebenso wie um die Intensivierung des Flussmanagements, sagt Bürgermeister Olaf Scholz (SPD): „Wir wollen die Elbe weiterentwickeln in ihrer Lebens- und Zukunftsfähigkeit.“ Was wie die Quadratur des Kreises klingt, sei in Wahrheit „die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie“, beteuern gleichlautend Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne): Geschlossen will der Hamburger Senat eine Elbe mit großen Schiffen und vielen Fischen, und das lässt er sich sogar etwas kosten.
Deshalb stellt er vier Jahre lang je 500.000 Euro zu Verfügung für ein „Forum Tideelbe“, das für eine „ökologisch und ökonomisch ausgewogene“ Nutzung des Flusses sorgen soll. Die geplante Elbvertiefung, über deren Umfang und Zulässigkeit in zwei Wochen das Bundesverwaltungsgericht verhandeln will, soll demgegenüber runde 600 Millionen Euro kosten.
Einen Zusammenhang zwischen der am Dienstag erfolgten Gründung des Forums und der Verhandlung der Leipziger Bundesrichter gibt es laut Scholz indes nicht. Das habe sich zeitlich unabhängig vom Ausgang des Prozesses so ergeben. Sprich: Ökologische Verbesserungen würden auch dann realisiert, wenn die Elbvertiefung gekippt werden sollte.
Erste Aufgabe des Forums, das von rund 50 Anliegern – Vereinen, Organisationen, Umwelt- und Fischereiverbänden, Tourismuszentralen sowie Kommunen und Landkreisen – getragen wird, ist die Erarbeitung von Projekten zur Verbesserung der ökologischen Qualität der Unterelbe.
In einem ersten Pilotprojekt schafft die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) bereits auf der Ostseite der Elbinsel Wilhelmsburg an der Norderelbe zusätzlichen Flutraum durch Rückverlegung eines Deiches. In das rund 30 Hektar große Flachwassergebiet wird die Tide frei ein- und ausschwingen können, dadurch entsteht ein zusätzliches Tidevolumen von rund einer Million Kubikmeter und Lebensraum für etliche Tierarten.
Ähnliche Maßnahmen werden im Schweenssand geprüft. Wie das Naturschutzgebiet am Südufer der Süderelbe vergrößert und aufgewertet werden kann, soll nun eine Machbarkeitsstudie ergeben, erklärte Umweltsenator Kerstan, auch der Bereich Ellerholz nahe der Köhlbrandbrücke werde untersucht. Mit Ergebnissen rechnet Kerstan im kommenden Jahr. Und dann könne der Fluss schöner und grüner werden – Elbvertiefung hin oder her.
6 Dec 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Öffnung der Alten Süderelbe würde die Tide dämpfen und seltenen Lebensraum schaffen. Anwohner fürchten, der Hochwasserschutz werde untergraben.
Der Senat hat die Neuländer Moorwiesen in Harburg als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Fast zehn Prozent der Landesfläche steht nun unter Schutz
Ausbaggern oder nicht? Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt, ob Hamburg weiter von riesigen Containerschiffen angelaufen werden kann.
Eine Genehmigung der Elbvertiefung ist nach der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wahrscheinlich.
Nur Außen- und Teile der Unterweser sollen ausgebaggert werden – der Flussabschnitt bis Bremen wird nicht vor 2030 vertieft.
Wenn sich zwei große Schiffe auf der Unterelbe begegnen, kann es ganz schön eng werden. Wie sehr, lässt sich im Hamburger Schiffssimulator zeigen.
Das Bundesverwaltungsgericht erklärt die Pläne für rechtswidrig und nicht vollziehbar. Eine Chance haben die Baggerfreunde aber noch – in ein paar Jahren.
Der CDU-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft, André Trepoll, über Volksentscheide, Innere Sicherheit und das Aberkennen der Klagerechte von Umweltverbänden.
Der Bundesverkehrswegeplan sieht Milliarden für Straßen und Schienen im Norden vor. Kritiker sprechen allerdings von schöngerechneten Prestigeprojekten.
Hamburg darf seinen Baggermatsch aus Hafen und Elbe weiter in die Nordsee schütten. Für den BUND ist das kein Grund zur Freude, denn der Schlick ist belastet.