taz.de -- Belasteter Schlick für Elbe und Meer: Matsch-Problem verlagert

Hamburg darf seinen Baggermatsch aus Hafen und Elbe weiter in die Nordsee schütten. Für den BUND ist das kein Grund zur Freude, denn der Schlick ist belastet.
Bild: Ist belastet, darf aber weiter in Elbe und Nordsee geschüttet werden: Hamburgs Hafenschlick.

Der Schlamm aus dem Hamburger Hafenbecken und der Elbe darf weiter vor Helgoland in die Nordsee gekippt werden. Das hat Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck am Dienstag genehmigt. „Wir helfen, die Zugänglichkeit zum Hafen zu sichern“, sagte Habeck. Zugleich kündigte er ein ökologisches Monitoring an, um „alle strengen Umweltanforderungen“ zu erfüllen.

Die Vereinbarung sieht vor, dass bis 2021 eine Höchstmenge von zehn Millionen Kubikmeter Baggermatsch entsorgt werden darf. Eine Verlängerung um fünf Jahre ist möglich. Außerdem verpflichtet sich Hamburg, die Baggergutmenge zu senken.

„Wir werden Strombaumaßnahmen entwickeln und umsetzen, damit das anfallende Baggergut nachhaltig reduziert werden kann“, versprach Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos).

„Seit Jahren verspricht Hamburg, sich um Maßnahmen zu kümmern, die die anfallende Schlickmenge langfristig reduzieren sollen“, sagte Ole Eggers, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Schleswig-Holstein.

Doch statt etwas zu tun, beharre die Stadt auf einer weiteren Elbvertiefung mit katastrophalen ökologischen Folgen. „Eine davon: noch größere Mengen an belastetem Schlick, die entsorgt werden müssen“, kritisierte Eggers.

Die Verschlickung des Hamburger Hafens hat zuletzt deutlich zugenommen. Die Baggermengen wuchsen von 2,45 Millionen Kubikmeter 2011 auf 6,07 Millionen Kubikmeter 2013, die Kosten von 40 Millionen Euro 2011 hatten sich 2014 auf 66 Millionen Euro erhöht.

Im Oktober 2015 erwirkte deshalb die Hansaport GmbH vor Gericht ein Zwangsgeld gegen die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), weil diese die vertraglich vereinbarten Wassertiefen nicht mehr gewährleisten konnte.

Umso froher äußerte sich nun Hamburgs grüner Umweltsenator Jens Kerstan über die Vereinbarung mit dem Nachbarland: „Wir haben jetzt die Chance, das Sedimentproblem im Hafen nachhaltig zu lösen und gleichzeitig Verbesserungen für die Tideelbe zu erreichen.“

Stefanie Sudhaus vom BUND bremste diese Euphorie. „Der Schlick ist mit Schwermetallen und Giftstoffen wie Cadmium, Kupfer und Quecksilber belastet, die so in die Nordsee gelangen und sich in unserer Nahrungskette anreichern. Letztendlich landet das Gift wieder bei uns auf dem Teller.“

26 Apr 2016

AUTOREN

Sven-Michael Veit

TAGS

Elbvertiefung
Elbvertiefung
Helgoland
Hamburg
Hafenerweiterung
Elbe
Hamburger Hafen

ARTIKEL ZUM THEMA

Naturschutz trotz Elbvertiefung: Der Fluss wieder im Fluss

Hamburg will die Elbe künftig hegen und pflegen – aber die Elbvertiefung soll dennoch kommen. Der Senat spricht von Versöhnung von Ökonomie und Ökologie

Helgoland warnt nicht vor Robbenbiss: Begegnung mit Raubtieren

Wer vor Helgoland badet, kann dabei Robben begegnen – und von ihnen gebissen werden. Die Kurverwaltung warnt mit Flyern, aber am Strand fehlen Schilder

Umweg für Kreuzfahrtgäste: Gift-Schlick bleibt im Hafen

Die „Queen Mary 2“ kann nicht im Hamburger Cruise Center – anlegen zu viel Schlick. Ausbaggern geht nicht, weil das Sediment zu giftig für die Nordsee ist.

Wald soll „Logistikstandort“ weichen: Klage gegen Hafenerweiterung

Der Senat will Biotope im Hafen für Logistikunternehmen plattmachen. Die Umweltverbände Nabu und Bund ziehen dagegen vors Verwaltungsgericht,

Hamburg baut Schlickdeponie: Moorburgs Matschberg

Hamburg baut Deponie in Moorburg – für 48 Millionen Euro. Umweltverbände kritisieren: Verschlickung nimmt wegen Elbvertiefung zu.

Hafenschlick: Wo Sisyphus baggert

Hamburgs Hafen versandet immer stärker, das tägliche Ausbaggern fördert Millionen von Kubikmetern Schlick zu Tage, die irgendwo gelagert werden müssen.

Windmessen-Streit: Euch die Messe, uns den Schlick

Hamburg kriegt die große Schau, Husum Geld und eine kleinere Version. Kiel erwägt Annahme Hamburger Elbschlamms.