taz.de -- Türkischer Kampf gegen die Kurden: Übereinkunft mit den USA
Kurdische Kämpfer dürfen Rakka nicht betreten. Die USA sollen das der Türkei zugesichert haben. Deutschland wird beschuldigt, Terroristen zu unterstützen.
Ankara ap/dpa/rtr | Die Türkei hat nach eigenen Angaben von den USA die Zusicherung erhalten, dass die von ihnen unterstützten syrisch-kurdischen Kämpfer die IS-Hochburg Rakka nicht betreten. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Dienstag, kurdische Einheiten würden sich dieser Übereinkunft zufolge nur an der Belagerung der syrischen Stadt beteiligen, die als Hauptstadt des von der Terrormiliz Islamischer Staat ausgerufenen Kalifats gilt.
Cavusoglu erklärte, Ankara sei dafür, dass – wie er sie bezeichnete – örtliche arabische Milizen in Rakka einrücken, unterstützt aus der Luft von der US-geführten Koalition und möglicherweise auch türkischen Bodentruppen. Er hoffe, dass sich die USA an ihr Versprechen hielten.
Er sagte aber auch, dass es eine ähnliche Zusage Washingtons bei der Eroberung der Stadt Manbidsch gegeben habe, die nicht eingehalten worden sei. Damals sei versprochen worden, dass kurdische Kämpfer aus Manbidsch wieder abziehen, was nicht geschehen sei.
Die Türkei betrachten die kurdischen Kämpfer als Verbündete der in der Türkei verbotenen und bekämpften kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Der Bundesrepublik warf der türkische Außenminister erneut vor, regierungsfeindlichen Extremisten Unterschlupf zu gewähren. Deutschland sei das Land, das „Terroristen“ aus der Türkei am stärksten unterstütze, sagte Cavusoglu in Ankara. Gülen-Anhänger würden „mit offenen Armen“ empfangen. Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK könnten ungehindert agieren.
„In jeder Stadt Deutschlands sammeln PKK-Anhänger Geld für die PKK und den Terror. Das weiß Deutschland, die deutsche Regierung, nur zu gut.“ Der Minister fügte hinzu: „Dass alle Terroristen Deutschland bevorzugen, ist kein Zufall.“
Cavusoglu attestierte der Bundesrepublik „Türkeifeindlichkeit“. Es scheine so, als würde Deutschland nicht wollen, „dass die Türkei sich entwickelt und Fortschritte macht“, sagte der Außenminister. „Was habt Ihr für ein Problem mit der Türkei?“, fragte er an die Adresse der Deutschen. „Wieso seid Ihr neidisch auf die Türkei?“
Deutschland halte sich selbst für eine Demokratie erster Klasse und die Türkei nur für zweitklassig, sagte der Chefdiplomat. „Wir wollen, dass sie uns als gleichberechtigte Partner behandeln.“
8 Nov 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Im Norden Syriens sind drei türkische Soldaten getötet und mehrere verletzt worden. Die Türkei macht syrische Luftangriffe dafür verantwortlich.
Bei Gefechten in Syrien sterben wieder Zivilisten. Die Verantwortung für Luftangriffe ist ungeklärt. Das irakische Mossul ist weiterhin schwer umkämpft
Staatsminister Michael Roth betont die Weltoffenheit Deutschlands – wenn es um politisch Verfolgte in der Türkei geht. Sonst ist niemand eingeladen.
Sunniten, Schiiten, Araber und Kurden kämpfen gemeinsam im irakischen Mossul und im syrischen Rakka. Was kommt nach dem Sieg?
Demokratie war für Erdoğan immer nur ein Mittel zum Zweck. Nun macht das Auswärtige Amt klar: Europas Verhältnis zur Türkei ist zerrüttet.
Die Vorgänge in der Türkei hätten mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun, erklärt Staatsminister Roth – und legt „kritischen Geistern“ nahe, Asyl zu beantragen.
Seit drei Wochen läuft die Offensive auf Mossul. Die irakischen Streitkräfte melden nun den Fund eines Massengrabes mit enthaupteten Opfern.
Fast zeitgleich mit Mossul wollen die syrischen Kurden auch die inoffizielle IS-Hauptstadt al-Rakka zurückerobern. Die Türkei ist davon nicht begeistert.
Der türkische Präsident wehrt sich gegen eine Beteiligung der syrischen Kurden bei der Befreiung Al-Rakkas vom IS. Die USA setzt aber auf die YPG.
Die nordirakische Stadt Mossul ist noch nicht erobert, da plant die Anti-IS-Koalition schon ihre nächste Offensive. Und Ursula von der Leyen kritisiert die Türkei.