taz.de -- Blockupy reagiert auf Brexit: Dann knallt das halt

Als Antwort auf die europäische Krise plant das linke Blockupy-Bündnis Großproteste in Berlin. Es fordert eine soziale Antwort auf die Krise Europas.
Bild: Solidarität: Blockupy will für eine europäische Sozialpolitik kämpfen

Berlin taz Auftrieb oder Rückschlag? Nach dem Austrittsvotum der britischen Bevölkerung suchen auch kapitalismuskritische Gruppen in Deutschland nach Position und Bestimmung. Mit Großprotesten in Berlin wollen sie Anfang September eine erste Antwort in Deutschland geben. Dann will das Blockupy-Bündnis mit Tausenden Menschen das Bundesarbeitsministerium blockieren. Sein Ansatz: Wenn Europa ein Kontinent seiner BürgerInnen werden soll, dann muss sich die europäische Sozialpolitik ändern. Als Hauptverhinderer sehen die AktivistInnen dabei die Sparpolitik der deutschen Bundesregierung in Deutschland und Europa.

Das Blockupy-Bündnis ist eines der wenigen Netzwerke, in denen antikapitalistische Gruppen seit Langem versuchen, eine gemeinsame europäische Vision für ein „Europa von unten“ zu formulieren. GewerkschafterInnen, AktivistInnen und linke ParteivertreterInnen aus zahlreichen europäischen Ländern diskutieren darüber seit Jahren auf Graswurzeltreffen – mit überschaubarem Erfolg.

Erst mussten die AktivistInnen mit ansehen, wie mit der Entwicklung des griechischen Syriza-Projekts einer ihrer größten Träume geplatzt ist, zuletzt mussten sie die letztlich enttäuschenden Wahlergebnisse der Podemos-Bewegung in Spanien verfolgen.

Auf der Straße aber hinterließ das Blockupy-Bündnis für deutsche Verhältnisse durchaus sichtbare Zeichen. Als am 18. März 2015 schwarze Rauchschwaden zwischen den Bankentürmen der Frankfurter Innenstadt aufstiegen, war das so ein Symbol. Hunderte Vermummte hatten ganze Straßenzüge demoliert und Polizeiautos in Brand gesteckt, Tausende blockierten unterdessen die Europäische Zentralbank, für sie das Symbol allen Übels im Zentrum der europäischen Geld- und Finanzpolitik.

Nun will das Bündnis daran also anschließen. Am 2. September soll aber nicht die Geldpolitik im Fokus stehen, sondern das Bundesarbeitsministerium. Damit verschiebt sich auch der Fokus der Bewegung: Sie will verstärkt darauf hinweisen, dass ein elementarer Teil der europäischen Integrationskrise mit Prekarität, sozialer Spaltung und der hohen Jugendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern zusammenhängt.

Viele in der außerparlamentarischen Linken sehen in der Lösung dieser Probleme auch die notwendige Antwort im Kampf gegen den europaweit aufkeimenden Rassismus und Nationalismus. Hannah Eberle, Sprecherin der Blockupy-Bündnisses, sagt, bei vielen Menschen setze sich angesichts der Brexit-Entscheidung die Erkenntnis durch, dass es ein Europa der sozialen Rechte brauche. „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem die sozialen Bewegungen entschieden handeln müssen.“ So soll es einen Tag nach den geplanten Blockaden in Berlin noch eine Anschlussbeschäftigung für angereiste Europäer geben: Die Beteiligung an einer bundesweiten Demonstration gegen Rassismus am 3. September in Berlin.

1 Jul 2016

AUTOREN

Martin Kaul

TAGS

Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
Blockupy
Europäische Union
Sozialpolitik
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt AfD
ILO
Blockupy
Schwerpunkt Brexit
Lesestück Interview
CETA
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt TTIP
Blockupy

ARTIKEL ZUM THEMA

Blockupy-Demo in Berlin: Die wilden Zeiten sind vorbei

Seit dem Morgen gehen in der Hauptstadt AktivistInnen gegen die Sozial- und Flüchtlingspolitik auf die Straße. Der Protest fällt sehr übersichtlich aus.

Kapitalismuskritiker planen Protest: Blockupy auf Abschiedstour

Das Blockupy-Bündnis war eine der schillernden Bewegungen der letzten Jahre. Nun ruft es zu Blockaden in Berlin auf. Es dürfte das letzte Mal sein.

ILO-Bericht zu jungen Menschen weltweit: Jugendarbeitslosigkeit steigt wieder

Weltweit sind 13,2 Prozent der Jugendlichen arbeitslos, heißt es im Bericht der Arbeitsorganisation ILO. Nach Verbesserungen ist die Quote wieder gestiegen.

Blockupy zieht um: Jetzt in die Hauptstadt

Das antikapitalistische Blockupy-Bündnis verlagert seinen Protest von Frankfurt nach Berlin. Als erstes soll das Arbeitsministerium umzingelt werden.

Kommentar Jean-Claude Juncker: Rien ne va plus

Der EU-Kommissionspräsident hat nach dem Brexit-Votum versagt. Von Anfang an war Jean-Claude Juncker eine Fehlbesetzung.

Laurie Penny über den Brexit: „Ja, es ist Panik“

Die Stimmung in Großbritannien hat sich verfinstert, sagt die Feministin. Sie warnt davor, dass die Linke sich zerfleischt. Und bittet: Lasst uns nicht allein.

EU-Verhandlungen zu Ceta: Die Macht der Parlamente

Die EU-Kommission will das Freihandelsabkommen ohne die nationalen Parlamente abstimmen. Angela Merkel will den Bundestag miteinbeziehen und wirbt für TTIP.

EU-Gipfel in Brüssel: Auch Europa vertagt den Brexit

Die EU will mit Austrittsverhandlungen warten. Neue Visionen für Europa schiebt sie ebenfalls auf. Vor allem die deutsche Kanzlerin bremst.

Debatte Niedergang von Attac: Erstarrte Bewegung

Misstrauen gegen die traditionellen Eliten ist weit verbreitet. Doch es fehlt auch an Vertrauen in soziale Bewegungen. Was bleibt? Ratlosigkeit.

Blockupy im Wandel: Jetzt geht´s um alles

Erst Krisenproteste, jetzt Flüchtlingspolitik: Das Blockupy-Bündnis ruft zum Großkampf. Das beschlossen rund hundert AktivistInnen am Wochenende.