taz.de -- EU-Verhandlungen zu Ceta: Die Macht der Parlamente

Die EU-Kommission will das Freihandelsabkommen ohne die nationalen Parlamente abstimmen. Angela Merkel will den Bundestag miteinbeziehen und wirbt für TTIP.
Bild: Der Protest hält an

Brüssel afp | Die EU-Kommission will das Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada ohne Beteiligung der nationalen Parlamente unter Dach und Fach bringen – und stößt dabei auf Widerstand in den Hauptstädten. Es gebe „gute Gründe“, die Parlamente einzubeziehen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim EU-Gipfel am Dienstagabend. Das Abkommen habe eine „politische Dimension“, und sie werde den Bundestag um eine „Meinungsbildung“ bitten – unabhängig davon, wie das Ringen mit Brüssel ausgehe.

Nach Auffassung des Rechtsdienstes der Kommission ist Ceta kein sogenanntes „gemischtes Abkommen“, sondern es fällt allein in die EU-Kompetenz. Die Kommission befürchtet, dass Ceta vor dem Hintergrund der kontroversen Debatte über das Handelsabkommen TTIP mit den USA auf nationaler Ebene blockiert werden könnte.

Ein hoher Kommissionsvertreter sagte wenige Tage nach dem Brexit-Referendum in Großbritannien, wenn das Abkommen durch 70 nationale und regionale Parlamente und voraussichtlich auch mehrere Volksentscheide müsse, drohe auf der Zielgeraden noch das Scheitern.

Sie könne die Kommission wegen deren Rechtsauffassung „nicht an den Pranger stellen“, sagte Merkel. Sie verwies darauf, dass die Handelsminister die Kommission im Rat noch überstimmen können, um eine Beteiligung der nationalen Parlamente zu erzwingen. Dazu ist allerdings Einstimmigkeit notwendig.

Ceta sieht laut EU-Kommission die Abschaffung von 99 Prozent aller Zölle vor. Allein für den Export von Industrieerzeugnissen könnte die EU dadurch jährlich 470 Millionen Euro einsparen.Die Ceta-Verhandlungen mit Kanada sind schon abgeschlossen, für die TTIP-Verhandlungen mit den USA steht die heißeste Phase erst bevor.

Merkel warb am Dienstag ein weiteres Mal energisch für rasche Fortschritte bei TTIP. Die Rahmenbedingungen unter der zum Jahreswechsel endenden Präsidentschaft Barack Obamas seien „sehr gut“, und sie würden sich „auf absehbare Zeit so nicht wiederholen“. Zwar habe der Gipfel der Kommission für das Weiterverhandeln mit Washington keinen „Blankoscheck“ ausgestellt, es habe aber auch niemand gesagt, es solle nicht weiterverhandelt werden, fasste Merkel die Diskussion zusammen.

29 Jun 2016

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