taz.de -- Wochenvorschau für Berlin: Alles dreht sich ums Rad

Diese Woche will sich die Polizei für die Rechte von Radlern einsetzen und besonders Falschparken auf Radwegen ahnden.
Bild: Hier stehen sie falsch!

Es wird in diesen Tagen viel und ausgiebig übers Radeln in der Stadt gesprochen. Wer das als sonst eher unbeteiligter Nutzer von Bus und Bahn in der Praxis mal ausprobiert, weiß schnell, warum: So richtig Spaß macht die Radtour zur Arbeit oder Uni nicht. Das war vor zehn Jahren noch etwas anders, als die Zahl der Verkehrsteilnehmer generell und auch die der Radler geringer war.

Nun kommt es schon mal vor, dass man sich mit zig Zweirädern und der BVG um den Platz auf der Busspur streiten muss und sich danach regelrecht gerädert fühlt. Andererseits gab es vor zehn Jahren auch weniger Radstreifen – die nun munter von Autos zugeparkt werden können.

Grund für die plötzlich gestiegene Aufmerksamkeit für die Radler ist der sogenannte Volksentscheid Fahrrad, dessen Initiatoren vor knapp zwei Wochen begonnen haben, Unterschriften zu sammeln für einen sichereren Radalltag. Und man mag kaum an einen Zufall denken, dass Polizei und Ordnungsämter flugs von Montag an ihre „Aktionswoche“ gegen Falschparker auf Radwegen und Busspuren in der Innenstadt starten. Finanziell wird sich das für die Behörden sicher lohnen.

Am Ende der Woche ist dann der Idealzustand für Radfahrer erreicht: freie Straßen, ja sogar Autobahnen; Polizisten, die den Zweirädern die Vorfahrt sichern; kein Gegenverkehr und Radler, so weit das Auge reicht. Sie ahnen es: Es muss sich um eine Ausnahme handeln. Und richtig: Wie jedes Jahr um diese Zeit werden sich mehrere hunderttausend Menschen bei der Sternfahrt auf den Weg zum Großen Stern machen; einige starten am Sonntagmorgen sogar bereits in Frankfurt (Oder).

Wer all das bis hierhin gelesen hat, dem ist sicher ein weiteres Problem aufgefallen: Es fehlen einigermaßen erträgliche Synonyme für Rad und seine Nutzer. „Drahtesel“ geht im Zeitalter von E-Bikes und hochgerüsteten Tourenrädern wirklich nicht mehr; „Möhre“ höchstens als Liebkosung; „Zweirad“ löst das Problem nicht; „Velo“ versteht man nur in der Schweiz. Es wäre also schön, wenn im Zuge der Debatten ums Radeln wenn schon nicht die Radkultur neu erfunden wird, aber zumindest ein paar neue Wörter.

Nicht alle Angelegenheiten in Sachen Verkehr diese Woche sind so sinnvoll wie die oben genannten. An dieser Stelle sei kurz auf die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung – oder wie sie neudeutsch heißt: ILA Berlin Air Show – hingewiesen. Eigentlich hatten wir gehofft, dass die Pannenserie am BER auch auf die unsägliche Flugzeug- und Rüstungsschau abstrahlt, die am Dienstag in Schönefeld eröffnet wird. Offenbar vergebens.

Aber wer weiß: Noch ist der Fluchhafen ja nicht eröffnet.

30 May 2016

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Bert Schulz

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