taz.de -- Kommentar Zerstörungen in Timbuktu: Empathie – auch für Menschen

Es ist gut, dass der IStGH die Verantwortlichen von Timbuktu strafrechtlich verfolgt. Das Verfahren wird Signalwirkung haben.
Bild: Auch in Palmyra, Syrien, zerstörten die Islamisten historische Stätten

Es war ein weltweiter Schock, als die Islamisten von Ansar Dine (Verfechter des Glaubens) im Juni 2012 begannen, in der Wüstenstadt Timbuktu die Mausoleen zu zerstören und später auch jahrhundertealte Wissenschaftsmanuskripte zu vernichten. Während sich die internationale Gemeinschaft um das Weltkulturerbe sorgte, bedeuteten die Taten für die Bewohner einen massiven Anschlag auf ihre Identität und Kultur.

Und noch etwas: Die Zerstörung der Weltkulturerbestätten nahm ihnen etwas von ihrem Stolz auf den Islam, der in Timbuktu immer ein toleranter, offener und entspannter gewesen ist.

Daher ist es eine richtige Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, die Zerstörung in der „Stadt der 333 Heiligen“ strafrechtlich zu verfolgen und mit Ahmad al-Faqi al-Mahdi einen mutmaßlichen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Gebäude lassen sich zwar nicht wieder im Originalzustand aufbauen, trotzdem könnte der Prozess – neben anderen Maßnahmen – helfen, die brutale Herrschaft von Ansar Dine etwas besser zu verarbeiten.

Gleichzeitig hat diese Entscheidung hoffentlich auch Signalwirkung in anderen Regionen der Welt. Nicht nur in Mali, sondern auch in Syrien und dem Irak sind unlängst Weltkulturerbeorte vernichtet worden. Es bleibt zu hoffen, dass die Täter gefasst und ebenfalls vor Gericht gestellt werden.

Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack. Die Weltöffentlichkeit heult zwar – und auch zu Recht – auf, wenn es um die Zerstörung historischer Bauwerke geht. Im Fall von Mali hat sie sich im Vorfeld und auch anschließend jedoch wenig um die Menschen im besetzten Norden gesorgt.

Das mag an der schlechten Nachrichtenlage gelegen haben, aber auch daran, dass uns internationale Begriffe wie „Weltkulturerbe“ offenbar näher sind als Menschen, die an einem unwirklichen Ort wie Timbuktu leben. Genau das muss sich dringend ändern.

28 Sep 2015

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Katrin Gänsler

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