taz.de -- Streit um dänische Grenzkontrollen: "Spiel mit Nationalismus"

Zwischen dem dänischen Justizminister und dem deutschen Außenministerium entbrennt Streit um die Grenzkontrollen. In einer Woche sollen die neuen Kontrollen beginnen.
Bild: Braucht es wirklich mehr von seiner Sorte? Dänischer Grenzbeamter.

KOPENHAGEN dpa | Der Ton im deutsch-dänischen Streit um neue Grenzkontrollen wird schärfer. Dänemarks Justizminister Lars Barfoed reagierte am Mittwoch auf Kritik des deutschen Staatsministers im Bundesaußenministerium, Werner Hoyer, empört. Hoyer hatte am Vortag ohne direkte Nennung Dänemarks den Wunsch nach erneuter Einführung von Grenzkontrollen als "Spiel mit dem Feuer des Nationalismus" eingestuft. Der dänische Justizminister nannte dies in der Zeitung Berlingske Tidende nun "schrecklichen Blödsinn".

Der deutsche Dänemark-Botschafter Christoph Jessen widersprach Erklärungen des Kopenhagener Steuerministers Peter Christensen über die auf der deutschen Seite der Grenze praktizierten Kontrollen. Christensen hat mehrfach gesagt, dass die dänische Regierung mit den geplanten eigenen Grenzkontrollen durch Zöllner lediglich auf das personelle Niveau auf der schleswig-holsteinischen Seite der deutsch-dänische Grenze aufstocken wolle.

Dazu meinte Jessen ebenfalls in Berlingske Tidende, die deutschen Zöllner seien so gut wie nie an der Grenze im Einsatz. Er sagte weiter: "Der dänische Steuerminister sagt dauernd, dass Schleswig-Holstein 300 Zöllner im Einsatz hat. Aber so kann man nicht rechnen."

Dänemarks Regierung will etwa zusätzliche 100 Zollbeamte an Grenzübergängen nach Deutschland und Schweden stationieren, neue technische Kontrolleinrichtungen installieren und auch neue Kontrollgebäude bauen lassen.

Startschuss für die auch von der EU-Kommission scharf kritisierten Kontrollen soll in der kommenden Woche sein. Für Freitag wird grünes Licht aus dem Finanzausschuss im Kopenhagener Parlament Folketing für die knapp 50 Millionen Kronen (6,7 Mio Euro) erwartet, die die neuen Maßnahmen kosten.

8 Jun 2011

ARTIKEL ZUM THEMA

Zollkontrollen in Dänemark beginnen: Hundefutter im Kofferraum

Der dänische Zoll kontrolliert als erste eine Höllanderin an der E 45 – unter strenger Beobachtung der Medien. Hessens Landesminister Hahn ruft zum Urlaubsboykott auf.

Grenzen im Schengen-Raum: Der Däne kontrolliert wieder

Keine freie Fahrt für freie Bürger. Pünktilich zum Ferienbeginn in Deutschland startet Dänemark zusätzliche Zollkontrollen. Auch die elektronische Überwachung von Kennzeichen ist geplant.

Dänemarks neue Grenzkontrollen: Zulauf bei Rechtspopulisten

Die Unterstützung für die Dänische Volkspartei, die die neuen Grenzkontrollen nach Deutschland und Schweden auf ihre politische Agenda geschrieben hat, wird jetzt wieder größer.

Debatte um dänische Grenzkontrollen: Opposition will doch nicht mehr

Offenbar werden die Mittel für die neuen dänischen Grenzkontrollen doch nicht einfach so bewilligt. Die Opposition will nicht mehr zustimmen. Jetzt hängt alles von einem Abgeordneten ab.

Debatte Schengen-System: Europa als Gated Community

Auf der einen Seite schottet sich Europa gegen Flüchtlinge ab. Andererseits ruft es nach qualifizierten Arbeitskräften. Ein Widerspruch?

Grenzkontrollen in Dänemark: Die EU droht Kopenhagen

Weil Dänemark seine Grenzkontrollen wieder eingeführt, droht die EU mit einem Verfahren. Die dänischen Rechtspopulisten kritisieren das als Einmischung und Gutsherrentum.

Kommentar Dänische Grenzkontrollen: Schlagbaum vorm Kopf

Seit Jahren schon lassen sich die konservativen Parteien von den Rechtspopulisten vor sich hertreiben. Erst waren es nur Konservative, jetzt knicken auch die Sozis und Linken ein.

Grenzen im Schengen-Raum: Europa will öfter kontrollieren

Die EU-Innenminister warnen Dänemark vor Abschottung, wollen aber die Schengen-Regeln verschärfen. Eine "Lenkungsgruppe" soll geschaffen werden.

Reaktionen auf Dänemarks Grenzkontrollen: "Gretchenfrage Schengen-Raum"

Wie weiter mit Schengen? Aufregung nach Dänemarks Ankündigung von Grenzkontrollen. Innenminister Friedrich (CSU) jedoch zeigt Verständnis. Er redet von "Migrationsdruck".