taz.de -- Debatte um dänische Grenzkontrollen: Opposition will doch nicht mehr

Offenbar werden die Mittel für die neuen dänischen Grenzkontrollen doch nicht einfach so bewilligt. Die Opposition will nicht mehr zustimmen. Jetzt hängt alles von einem Abgeordneten ab.
Bild: Bleibt doch alles wie es ist? Dänischer Grenzbeamter.

KOPENHAGEN dpa | Die Proteste gegen die geplanten dänischen Grenzkontrollen zeigen Wirkung. Wie Sprecher der Parlamentsopposition am Freitag ankündigten, wird es es an diesem Freitag wohl nicht die bisher als Formalität geltende Bewilligung von Mitteln für die neuen Zollkontrollen im Kopenhagener Finanzausschuss geben.

Auch in der danach anstehenden Debatte im Plenum von Dänemarks Parlament verfügt die Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen nicht mehr über eine sichere Stimmenmehrheit. Sowohl die Sozialdemokraten wie die Volkssozialisten haben in letzter Minute ihre ursprüngliche Zustimmung zu den Regierungsplänen zurückgezogen.

Der sozialdemokratische Oppositionssprecher Morten Bødskov begründete die veränderte Haltung seiner Partei im Rundfunk auch mit den internationalen Protesten. Er sagte, es sei "sehr ernst", wenn die geplanten Kontrollen beim großen Nachbarn Dänemarks im Süden auf so geballte Ablehnung stoßen. Die Sozialdemokraten wollen jetzt mit drei weiteren Parteien im Parlamentsplenum einen veränderten Plan mit mehr Geld für den Zoll, aber ohne neue Kontrollen an der Grenze nach Deutschland sowie Schweden durchsetzen.

Ob Rasmussens Minderheitrsegierung zusammen mit der rechtspopulistischen DVP ihren ursprünglichen Plan doch noch durchsetzen kann, hängt nun von dem fraktionslosen Abgeordneten Per Ørum Jørgensen ab. Dieser wollte sich am Freitag zunächst nicht festlegen.

Initiator für die Pläne waren die Rechtspopulisten von der DVP, die seit knapp zehn Jahren als Mehrheitsbeschaffer für die dänische Mitterechtsregierung fungieren. Kritker halten sie für nicht vereinbar mit dem Schengener EU-Vertrag über freie Beweglichkeit.

10 Jun 2011

ARTIKEL ZUM THEMA

Zollkontrollen in Dänemark beginnen: Hundefutter im Kofferraum

Der dänische Zoll kontrolliert als erste eine Höllanderin an der E 45 – unter strenger Beobachtung der Medien. Hessens Landesminister Hahn ruft zum Urlaubsboykott auf.

Grenzen im Schengen-Raum: Der Däne kontrolliert wieder

Keine freie Fahrt für freie Bürger. Pünktilich zum Ferienbeginn in Deutschland startet Dänemark zusätzliche Zollkontrollen. Auch die elektronische Überwachung von Kennzeichen ist geplant.

Dänemark verschärft Ausländergesetze: Nicht sitzen, sondern gehen

Auf Initiative der Rechtspopulisten verschärft Dänemark seine Ausländerpolitik. Künftig reichen schon kleinere Verurteilungen, um ausgewiesen zu werden.

Dänemarks neue Grenzkontrollen: Zulauf bei Rechtspopulisten

Die Unterstützung für die Dänische Volkspartei, die die neuen Grenzkontrollen nach Deutschland und Schweden auf ihre politische Agenda geschrieben hat, wird jetzt wieder größer.

Europa mauert weiter: EU-Neulinge bleiben draußen

Beim Innenministstertreffen blockieren Deutschland, Frankreich und die Niederlande den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengenraum.

Streit um dänische Grenzkontrollen: "Spiel mit Nationalismus"

Zwischen dem dänischen Justizminister und dem deutschen Außenministerium entbrennt Streit um die Grenzkontrollen. In einer Woche sollen die neuen Kontrollen beginnen.

Grenzwächter über Migrationspolitik: "Das Mandat von Frontex ist begrenzt"

Europa schottet sich ab. Welche Rolle Frontex dabei genau spielt, beantwortet Klaus Rösler, operativer Einsatzleiter der EU-Grenzschutzagentur.

Grenzkontrollen in Dänemark: Die EU droht Kopenhagen

Weil Dänemark seine Grenzkontrollen wieder eingeführt, droht die EU mit einem Verfahren. Die dänischen Rechtspopulisten kritisieren das als Einmischung und Gutsherrentum.

Kommentar Dänische Grenzkontrollen: Schlagbaum vorm Kopf

Seit Jahren schon lassen sich die konservativen Parteien von den Rechtspopulisten vor sich hertreiben. Erst waren es nur Konservative, jetzt knicken auch die Sozis und Linken ein.