taz.de -- Arbeitslosigkeit in der EU: Jobs dank „Jugendgarantie“

Knapp ein Viertel der Jugendlichen in der EU sind arbeitslos. Brüssel fordert eine Ausbildungsgarantie, aber die ist vielen Ländern zu teuer.
Bild: Arbeitslose griechische Jugendliche demonstrieren in Athen.

BRÜSSEL taz | Jedem Jugendlichen soll spätestens vier Monate nach Schulabschluss ein Ausbildungs- oder Praktikumsplatz angeboten werden. So will es die Europäische Kommission. Im vergangenen Dezember hat sie einen entsprechenden Gesetzesvorschlag gemacht, nun wollen die EU-Abgeordneten die sogenannte „Jugendgarantie“ an diesem Mittwoch mit einer Resolution unterstützen. „Damit sparen wir an Drogen- und Knastkarrieren und geben den Jugendlichen Motivation für die Zukunft“, sagt Thomas Mann, der für die CDU im Europäischen Parlament sitzt.

Dort gibt es einen fraktionsübergreifenden Konsens, dass die Jugendgarantie möglichst schnell kommen soll. Die Abgeordneten fordern die 27 EU-Regierungen auf, den Vorschlag der EU-Kommission möglichst noch im Februar zu verabschieden und dann entsprechende Programme auf den Weg zu bringen. Aber aus einigen Mitgliedstaaten kommt Widerstand. Die Regierungen vor allem der überschuldeten Krisenländer fürchten, die „Garantie“ könnte einklagbar sein und sie damit zu zusätzlichen Investitionen zwingen.

Allerdings soll die konkrete Ausgestaltung der „Garantie“ den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Ein verbindliches Gesetz gibt es damit nicht. „Außerdem ist es langfristig viel billiger, neue Stellen zum Beispiel in öffentlichen Einrichtungen zu schaffen, als arbeitslose Jugendliche aus der Staatskasse zu versorgen“, sagt die SPD-Europaabgeordnete Jutta Steinruck.

Die Internationale Arbeitsorganisation ILO hat errechnet, dass die Kosten für arbeitslose Jugendliche in den 27 EU-Mitgliedstaaten zurzeit bei rund 153 Milliarden Euro liegen. Die Jugendgarantie würde aber nur 21 Milliarden Euro im Jahr kosten. Zurzeit sind EU-weit 22,7 Prozent der Jugendlichen arbeitslos, in Griechenland und Spanien sind es sogar über die Hälfte.

Investitionen amortisiert

Österreich und Finnland haben die Lehrstellengarantie bereits eingeführt. Auch Luxemburg ist dabei. „In diesen Ländern funktioniert es großartig. Die Österreicher gehen davon aus, dass sich die Investitionen innerhalb von fünf Jahren amortisieren“, sagt Steinruck. In Österreich hat die Regierung staatliche Werkstätten eröffnet. Wenn die Jugendlichen auf dem freien Markt keine Lehrstelle finden, werden sie automatisch von diesen Betrieben übernommen.

Die deutsche Bundesregierung begrüßt die Initiative, will sich aber nicht zur konkreten Ausgestaltung äußern. Die einzelnen Elemente des Kommissionsvorschlags würden zurzeit geprüft und könnten noch nicht bewertet werden, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag.

Um die Finanzierung zu erleichtern, fordern die EU-Abgeordneten, die Förderprogramme aus dem Europäischen Sozialfonds zu bezahlen. Außerdem wollen die Sozialdemokraten im europäischen „Programm für Innovation und Wachstum“ eine neue Säule für die Förderung von Jugendlichen einführen. Bisher fehlt dafür aber die Unterstützung der Mitgliedstaaten.

15 Jan 2013

AUTOREN

Ruth Reichstein

TAGS

EU
Jugendarbeitslosigkeit
Eurokrise
ILO
Griechenland
Spanien
Weltwirtschaftsforum
ILO
Österreich
Jugendarbeitslosigkeit
Jugendarbeitslosigkeit
Krise

ARTIKEL ZUM THEMA

Folgen der Sparvorgaben des IWF: Griechen streiten über „Rechenfehler“

IWF-Experten haben Fehler bei ihrer Griechenland-Strategie eingeräumt. Die Linksopposition in Athen fordert Konsequenzen.

Spaniens Premier und Schmiergeld: Der Bauboom ist schuld

Korruptionsvorwürfe: Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy soll mehrere Tausend Euro erhalten haben. Die Partei und Rajoy-Sprecherin weisen die Vorwürfe zurück.

Industrieländer ohne Innovationen: Wasserklosett in weiter Ferne

Ökonomen debattieren, warum die Wachstumsraten der Wirtschaftsnationen immer weiter abnehmen. Ein Grund könnte der Mangel an Neuerungen sein.

Globale Arbeitslosigkeit: Rezession vernichtet 5 Millionen Jobs

2013 wird es weltweit über 200 Millionen Arbeitslose geben, befürchtet die UN. Der Trend soll anhalten und werde vor allem junge Frauen betreffen.

Jugendarbeitslosigkeit in Österreich: 600 Millionen für den sozialen Frieden

Österreich zeigt, wie man Jugendarbeitslosigkeit bekämpft: Berufsschulpflicht plus Förderung von Betrieben, die ausbilden.

Kommentar Jugendarbeitslosigkeit: Kaputtgesparte Generation

Europaweit sind 5,5 Millionen Menschen unter 25 ohne Arbeit. Während Spanien aber qualifizierte Fachkräfte verliert, profitieren Länder wie Deutschland.

Arbeitsmarktpolitik der EU: Jobgarantie für Jugendliche

EU-Sozialkommissar Laszlo Andor plant eine Beschäftigungsgarantie für Europäer unter 27 Jahren. Finnland prescht bereits 2013 vor.

Arbeitslosigkeit in Spanien: Oh je, España

Gehen oder bleiben? Das ist die Frage, die sich die jungen Spanier Cristina (24) und Velmar (30) stellen. Ein Pro und Contra.

Steigende Jugendarbeitslosigkeit: Rückzug in die Resignation

Immer mehr junge Arbeitslose in Europa und Nordamerika ziehen sich vom Arbeitsmarkt zurück und fallen aus der Statistik. Vorbildliche Modelle gibt es in Skandinavien.

Kommentar Jugenderwerbslosigkeit: Jung, gebildet und gefährlich

Die Jugendarbeitslosigkeit ist auf bedrohlich hohem Niveau. Skandinavien zeigt, wie damit umzugehen ist. Der Rest der Welt sollte hinschauen.