taz.de -- Jugendarbeitslosigkeit in Österreich: 600 Millionen für den sozialen Frieden

Österreich zeigt, wie man Jugendarbeitslosigkeit bekämpft: Berufsschulpflicht plus Förderung von Betrieben, die ausbilden.
Bild: In Wien lässt es sich leben.

WIEN taz | Die Jugendarbeitslosigkeit ist zu hoch – auch im EU-Mitgliedstaat Österreich. Darüber herrscht in der Alpenrepublik weitgehend politischer Konsens. Mit zuletzt 8,5 Prozent war die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen im Oktober 2011 fast doppelt so hoch wie die der österreichischen Gesamtbevölkerung (4,3 Prozent).

Im europäischen Vergleich schneidet Österreich damit trotzdem gut ab. Als Erfolgsgeheimnis gilt die – auch in Deutschland und der Schweiz übliche – „duale Ausbildung“: Wer einen Lehrvertrag hat, muss parallel zum praktischen Lernen im Ausbildungsbetrieb eine Berufsschule besuchen.

Hinzu kommt, dass das sozialdemokratische Credo, der soziale Friede hänge von der Beschäftigung ab, in Österreich bis heute hochgehalten wird. Betriebe, die ausbilden, können eine Förderung beim Arbeitsmarktservice (AMS) beantragen. Diese ersetzt etwa die Personalkosten für Mädchen in Berufen mit geringem Frauenanteil. Auch für Azubis mit Lernschwierigkeiten und ältere Lehrlinge gibt es Fördermöglichkeiten.

Nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden zusätzliche Programme wie „Ausbildungsgarantie“, „Jugendcoaching“ oder „Aktion Zukunft Jugend“ geschaffen. Diese sorgen dafür, dass möglichst wenige Jugendliche ohne Beschäftigung bleiben. Rund 600 Millionen Euro pro Jahr lassen sich die Steuerzahler die jugendspezifische Maßnahmen in der Beschäftigungspolitik kosten.

Diese Investition lohnt sich. So standen zwar im November dieses Jahres 5.192 Lehrstellensuchende 3.490 Lehrstellen gegenüber. In einigen Branchen aber, etwa der boomenden Hörakustik, mussten trotzdem zusätzliche Lehrlinge aus dem Ausland importiert werden.

In Europa ist man auf den österreichischen Weg längst aufmerksam geworden. Vor drei Wochen waren die Spitzen der Sozialpartnerschaft, Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), und Erich Foglar, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), gemeinsam in Paris eingeladen, um den französischen Politikern die Vorzüge des österreichischen Systems nahezubringen. Der für Ausbildung zuständige Pariser Minister Thierry Repentin gab sich anschließend überzeugt: „Wir können uns da vieles abschauen.“ Vor allem gelte es, bereits in EU-Ländern funktionierende „europäische Instrumentarien gegen die Jugendarbeitslosigkeit konkreter zu machen“.

6 Dec 2012

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Ralf Leonhard

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