taz.de -- Kommentar Jugenderwerbslosigkeit: Jung, gebildet und gefährlich
Die Jugendarbeitslosigkeit ist auf bedrohlich hohem Niveau. Skandinavien zeigt, wie damit umzugehen ist. Der Rest der Welt sollte hinschauen.
In Europa und in Nordamerika sind Jugendliche dauerhaft und massenhaft arbeitslos. 17,5 Prozent beträgt der Durchschnitt, Tendenz leicht fallend. Und warum verbessert sich die Statistik ein wenig? Weil Regierungen das Problem erkannt haben und dagegensteuern? Nein.
Die zumeist hervorragend ausgebildeten 15- bis 24- Jährigen ziehen sich schlicht resigniert vom Arbeitsmarkt zurück, sie melden sich also nicht mehr erwerbslos und fallen damit aus der Statistik. Arbeitsplätze sind für sie weiterhin nicht in Sicht. Auf sie wartet der Markt der prekären bis illegalen Jobs.
Das ist ein sozialer und gesellschaftlicher Sprengstoff, der, wenn er nicht bald entschärft wird, die Demokratien Europas und Nordamerikas stärker erschüttern und beschädigen wird als jedes andere Ereignis seit dem Zweiten Weltkrieg.
Schweden und die anderen nordischen Staaten machen erfolgreich vor, wie die Jugendarbeitslosigkeit trotz Krise der nationalen Volkswirtschaften auf einem vergleichbar niedrigen Niveau von unter zehn Prozent gehalten werden kann: mit Beschäftigungsgarantien und gezielten Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche sowie Steuererleichterungen für Unternehmen, die vermehrt junge Leute einstellen. Die Kosten für derartige Programme machen meist nicht mehr als ein halbes Prozent des Bruttosozialprodukts dieser Länder aus. Peanuts.
Besonders dringend wären solche Programme in den am stärksten von der Krise betroffenen Staaten Griechenland und Spanien. Dort sind derzeit jeweils über 50 Prozent der Jugendlichen ohne regulär bezahlte Arbeit.
Statt rigide Spar-und Deregulierungszwänge sollten Deutschland und die anderen reichen EU-Staaten Maßnahmen zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit zur Bedingung für Hilfszahlungen an Athen und Madrid machen. Aber auf diese doch recht schlichte Idee ist im reichen Deutschland offenbar noch niemand gekommen.
4 Sep 2012
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