taz.de -- US-Drohnenangriffe in Somalia: Hinrichtung made in Germany

Die US-Drohnenangriffe auf Terroristen in Somalia werden offenbar aus Deutschland gesteuert. Damit könnte die Bundesregierung gegen das Völkerrecht verstoßen haben.
Bild: Üben für den Tod aus der Luft: Drohnenpiloten trainieren in den USA.

BERLIN dpa/taz | Die US-Luftwaffe steuert Drohnenangriffe in Somalia nach Medienberichten über amerikanische Militärbasen in Deutschland. In einer Flugleitzentrale auf dem US-Stützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein würden Einsätze in Afrika geplant, berichteten [1][die Süddeutsche Zeitung] und das [2][ARD-Magazin Panorama].

Über eine Satellitenanlage in Ramstein halte der Pilot in den USA zudem offenbar Kontakt zur Kampfdrohne am afrikanischen Einsatzort. Die Medien zitieren aus einem Papier der US-Luftwaffe: Ohne diese Relais-Station könnten die Angriffe nicht durchgeführt werden.

Die genaue Rolle von Ramstein sei aufgrund der Geheimhaltung nicht in jedem Detail klar, hieß es in den Berichten weiter. Allerdings habe das US-Militär versichert, dass die Verantwortung für alle militärischen Operationen in Afrika beim Einsatzführungskommando „Africom“ liegt. Dieses sitzt seit 2008 in Stuttgart.

Die USA greifen in Ländern wie Somalia, Pakistan und dem Jemen mutmaßliche Terroristen mit unbemannten Flugzeugen an. Menschenrechtler kritisieren die gezielten Tötungen als Verstoß gegen das Völkerrecht. US-Präsident Barack Obama hatte vergangene Woche strengere Regeln für die Angriffe angekündigt.

Den Berichten zufolge wirft die Beteiligung der US-Stützpunkte in Deutschland rechtliche Fragen auf. „Die Tötung eines Terrorverdächtigen mithilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts kann – wenn die Bundesregierung davon weiß und nicht dagegen protestiert – Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein“, sagte der Gießener Völkerrechtler Thilo Marauhn laut Süddeutsche Zeitung und Panorama. Die Bundesregierung habe betont, sie habe keinerlei Anhaltspunkte, dass Drohnenangriffe über Deutschland geplant oder durchgeführt würden.

Die SPD forderte von der Bundesregierung in der Sache rasche Aufklärung. Der Parlamentarische Geschäftsführer im Bundestag, Thomas Oppermann, kündigte am Freitag eine Befassung des für Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums mit den Berichten an. Die Bundesregierung müsse dabei umfassend unterrichten.

31 May 2013

LINKS

[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/luftangriffe-in-afrika-us-streitkraefte-steuern-drohnen-von-deutschland-aus-1.1684414
[2] http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2013/ramstein109.html

TAGS

Drohnenkrieg
USA
Bundesregierung
Völkerrecht
Jemen
USA
Völkerrecht
Thomas de Maizière
Raketenangriff
Schwerpunkt Afghanistan

ARTIKEL ZUM THEMA

Sechs Tote bei Drohnenangriff im Jemen: Opfer wohl Al-Qaida-Mitglieder

Sie fuhren durch eine Hochburg der Extremisten im Süden des Landes, als ihr Auto von einer US-Drohne beschossen wurde. In der Region läuft derzeit eine Großoffensive.

US-Präsident auf Afrika-Reise: Sorge um Mandela statt Obamania

Barack Obama ist zur ersten Afrikareise seiner Amtszeit aufgebrochen. Spät für politisches Engagement – aber nicht für persönliche Betroffenheit.

Drohnenangriffe aus Stuttgart?: Bundesregierung weiß von nichts

Das US-Kommandozentrale „Africom“ sitzt in Stuttgart. Von dort werden Angriffe in Somalia koordiniert, die eventuell gegen Völkerrecht verstoßen.

Nach Debakel um Drohnen-Projekt: De Maizière legt Unterlagen vor

Der Verteidigungsminister hat eine CD mit umfangreichen Unterlagen zum gescheiterten Drohnen-Projekt vorgelegt. Die Opposition fordert derweil eine Rüge de Maizières.

US-Drohnenangriff auf Bergdorf: Sieben Tote in Pakistan

Bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan sind sieben Menschen getötet worden. Unter ihnen soll laut Sicherheitskreisen ein ranghoher Taliban gewesen sein.

Deutsche Soldaten in Afghanistan: US-Drohnen halfen Bundeswehr

Die USA hat deutsche Bundeswehrsoldaten in Nordafghanistan mit Kampfdrohnen unterstützt. Sie kamen zwischen 2009 und 2012 viermal zum Einsatz.