taz.de -- Kommentar Anschläge in Nahost: Die fernen Opfer

Wenn heute im Irak oder auch in Syrien jeden Tag Dutzende von Opfern zu beklagen sind, scheint das kaum noch jemanden zu rühren.
Bild: Folgen eines Bombenanschlags in Kirkuk, Irak

Die Zeiten, als fast jede Gewalttat im Vorderen Orient Eingang in die Berichterstattung der internationalen Medien fand, liegen rund vier Jahrzehnte zurück. Nahöstlicher Terrorismus war damals noch ein in Europa bislang unbekanntes Phänomen, das sich freilich anschickte, auf den Kontinent überzuschwappen.

Zum Beispiel mit dem Überfall auf die israelische Olympia-Mannschaft in München 1972. Wenn heute im Irak oder auch in Syrien jeden Tag Dutzende von Opfern zu beklagen sind, scheint das kaum noch jemanden zu rühren.

Der Korrespondent bekam den Wandel zu spüren, als die Heimatredaktionen begannen, die mediale Bedeutung von Anschlägen an der Zahl der Opfer zu messen: „Nur drei Tote? Das ist doch Alltag, und es gibt Wichtigeres auf der Welt.“ Was damals schon makaber klang, würde sich heute kein Redakteur auszusprechen trauen: „Nur 40 Tote …?“ Aber die Berichterstattung nimmt solche Ereignisse immer weniger zur Kenntnis und Reportagen über die blutigsten Massaker verkommen zur Kurzmeldung.

Abstumpfung und Gefühllosigkeit? Ein Grund ist sicher die sprunghaft gewachsene mediale Abdeckung der Welt. Man „lebt“ nicht mehr von ein, zwei Krisengebieten, man sieht Krisen und Konflikte plötzlich überall.

Ein zweiter Grund ist, dass aus Ländern wie Irak und Syrien entweder gar nicht mehr oder nur unter großer Gefahr berichtet werden kann und es deshalb dort auch keine oder nur wenige Korrespondenten gibt, die dann auch meist noch strenger Zensur unterworfen sind. Schließlich die Nähe zu Konflikten in der eigenen Region. Die anderen werden immer mehr abgeschrieben, und immer mehr setzt man sie mit Gewalt und Terror gleich. Wundert es da, dass man selbst Flüchtlinge von dort nicht aufnehmen will?

11 Aug 2013

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Peter Philipp

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