taz.de -- Wahlkampf der NPD: Kondome für Ausländer

Die NPD verschickt im Wahlkampf Kondome für „Ausländer und ausgewählte Deutsche“. Der Hersteller äußert jetzt sein Bedauern.
Bild: Klare Antwort auf eine „bewusst provokative Kampagne“

BERLIN taz | Heimatkampagne im Erzgebirge, eine Bürgerwehr gegen „linksextremistische Straftäter“, Asylbewerber im [1][Berliner Stadtteil Marzahn-Hellersdorf] – und jetzt auch noch Kondome für „Ausländer und ausgewählte Deutsche“.

Diese verschicken die Jungen Nationaldemokraten (JN) per Post an Bundestagsabgeordnete, Minister und „Ausländerlobbyisten, die sich in der Vergangenheit besonders durch ihre volksfeindliche Heimatabwicklungspolitik hervorgetan haben“, so die Jugendorganisation der rechtsextremen NPD.

Die JN will so ihren Protest gegen eine Politik, die nicht mehr „dem Wohl des deutschen Volkes“ dient, ausdrücken – und schließt damit direkt an die menschenverachtende Politik der Rassenhygiene im Nationalsozialismus an.

Wer nicht ethnischer Deutscher ist oder etwa eine migrationsfreundliche Politik unterstützt, hat demnach sein Recht auf Fortpflanzung verspielt. Die JN legt diesen Menschen nahe, doch besser zu verhüten. Die Botschaft: Haltet die deutsche Rasse rein!

Nicht zum ersten Mal

Eine „bewusst provokative Kampagne“ nennt der JN-Bundesvorsitzende Andy Knape die Aktion. Eine maßlose Untertreibung. Die Kampagne ist nicht nur geschmacklos, sondern auch volksverhetzend. Doch in solchen Wahlkampfmethoden hat die NPD inzwischen Übung.

2011 trat NPD-Chef Udo Voigt bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus mit dem Slogan „Gas geben!“ auf seinen Wahlplakaten an. Damals wurde die Partei [2][wegen Volksverhetzung] angeklagt, konnte aber wegen der Mehrdeutigkeit des Slogans nicht verurteilt werden.

Einer der Politiker, denen die JN ein Kondom samt Begleitbrief geschickt hat, ist der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Seine Reaktion auf das „ekelhafte rassistische Schreiben“ ist deutlich. [3][Beck erklärt auf Facebook] sein Unverständnis darüber, wie die Firma [4][„Vitalis Condoms“] diesen rassistischen und rechtsextremen Auftrag der JN annehmen konnte.

Er fordert den Kondomhersteller auf, die Einnahmen einer Organisation zu spenden, die sich dem Kampf gegen Rassismus verschrieben hat. Sein Vorschlag: die Amadeu Antonio Stiftung.

Vitalis Condoms reagiert prompt. Einem [5][Bericht der Zeitung Neues Deutschland] zufolge beteuert Geschäftsführer Axel Roth, den Textinhalt der Kondomverpackung nicht gekannt zu haben. Man könne bei ihnen Kondome für Werbezwecke online mit vorgefertigter Gestaltung bestellen. Diese werde nicht überprüft. Roth kündigte dem Bericht zufolge an, nicht nur den Gewinn des Auftrags an die Amadeu Antonio Stiftung zu spenden, sondern auch weitere gemeinnützige Organisationen wie etwa Pro Familia unterstützen zu wollen.

5 Sep 2013

LINKS

[1] /Asylbewerberheim-in-Hellersdorf/!122547/
[2] /!76329/
[3] http://www.facebook.com/VolkerBeckMdB?ref=ts
[4] http://www.vitalis-condoms.com/
[5] http://www.neues-deutschland.de/artikel/832368.die-reichsverhuetungstuete.html?sstr=vitalis

AUTOREN

Dinah Riese

TAGS

Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
NPD
Schwerpunkt Volker Beck
Volksverhetzung
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
NPD
Schwerpunkt Rassismus
NPD
Wahlkampf
Rechtsextremismus
Hellersdorf
Schwerpunkt Rechter Terror
NPD

ARTIKEL ZUM THEMA

Wahlkampf in NPD-Hochburgen: Deutsche Frösche

Die NPD erhofft sich vom Wahlkampf Aufmerksamkeit und Geld. Ein Grüner will ihnen nicht das Feld überlassen. Ein Besuch in Mecklenburg-Vorpommern.

Protest gegen NPD-Plakate: Fast alle gegen Rechts

Seltene Einigkeit: In Gießen haben sich CDU, SPD, Grüne, Linke und Piraten zusammengetan. Sie protestieren gegen NPD-Plakate.

NPD eskaliert Wahlkampf: Rechte provozieren Kandidaten

Rechtsextreme fordern migrantische Bewerber für den Bundestag mit Briefen zur Ausreise auf. Die Linke will Nazi-Plakate abhängen.

Nach NPD-Kundgebung in Aschaffenburg: Polizei nimmt Holger Apfel fest

Weil sie Passanten mit Feuerlöschern besprüht haben sollen, sind 13 NPD-Anhänger festgenommen worden. Unter ihnen war auch der Parteivorsitzende Holger Apfel.

Debatte ums Nichtwählen: Geht’s euch zu gut? Ja, klar!

Zahlreiche Kampagnen mahnen zur Stimmabgabe. Dabei ist Nichtwählen kein Beitrag zum Untergang der Demokratie, sondern ihr Luxus.

Erfassung von rechten Straftaten: War das jetzt schon Rassismus?

Die Aussagekraft von Kriminalitätsstatistiken sei mangelhaft, lautet das Fazit einer Fachtagung. Ideen, wie das zu ändern sei, hatten die Experten allerdings nicht.

Nach der Hetze gegen Flüchtlinge: Ein Bezirk sucht die Toleranz

Am Samstag feierte Hellersdorf ein Fest gegen Nazis. Es wurden Gospels gesungen und Luftballons verteilt. Ein Versuch, wieder zur Normalität zurückzukehren.

Politikerinnen über NSU-Ausschuss: „Man hielt sich das rechte Auge zu“

Petra Pau (Linke) will V-Leute und den Verfassungsschutz abschaffen. Eva Högl (SPD) hält eine Radikalreform für falsch. Ein Streitgespräch.

Kommentar Nazis in Hellersdorf: Deutschlandfahrt der NPD

Die NPD mobilisiert mit dem Thema Flüchtlinge für den Bundestagswahlkampf. Die Politik hält dagegen. Die Asylbewerber bleiben auf der Strecke.