taz.de -- Neuer Kurs in Belgrad: Teileinigung bei Kosovo-Gesprächen

Belgrad hofft auf eine Teilnahme der Kosovoserben an den Komunalwahlen. Dann könnten die Beitrittsgespräche mit Serbien beginnen, verspricht die EU.
Bild: Nationalistische Kosovoserben könnten den Fahrplan für den EU-Beitritt noch durcheinanderbringen.

SARAJEVO taz | Jetzt kommt doch noch Bewegung in die Verhandlungen zwischen Serbien und Kosovo. Nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton hat es am Wochenende weitreichende Fortschritte gegeben. Serbien und Kosovo hätten sich in den Bereichen Energie und Telekommunikation geeinigt, erklärte Ashton.

Dieser Durchbruch könnte die Position Belgrads bei den Kommunalwahlen am 3. November stärken. Die Regierung versucht seit Monaten, die über 80.000 Kosovoserben im Süden des Landes und vor allem die 40.000 Serben in Nordkosovo dazu zu bewegen, an den Wahlen teilzunehmen.

Damit wären die Serben Kosovos in das politische System des unabhängigen Staates Kosovo integriert. Im Gegenzug versprach die EU, in diesem Falle die Verhandlungen über den Beitritt Serbiens zügig voranzutreiben.

Schon Anfang Januar könnten die Gespräche aufgenommen werden. Auch Deutschland, das eine Lösung des Problems Nordkosovo schon 2011 zur Vorbedingung von Verhandlungen mit Serbien gemacht hatte, wird dann allem Anschein nach mit Brüssel mitziehen.

Doch noch gibt es Widerstände in Nordkosovo. Die Mehrheit der Bevölkerung dort ist immer noch verunsichert. Vor allem die dortige nationalistisch-kriminelle Mafia traut dem ehemaligen Kriegsgegner nicht und will weiterhin den territorialen Anschluss des Gebietes an Serbien.

Dies ist aber nach internationalem Recht nicht möglich. Alle Spekulationen über einen Gebietsaustausch mit Albaner-Gebieten in Südserbien wurden sowohl von Brüssel und Washington, aber auch von der Regierung des Kosovo zurückgewiesen.

Hindernis für EU-Beitritt

In Belgrad hat sich nach dem Wahlsieg der Rechtsparteien die Meinung durchgesetzt, die Serben Nordkosovos dürften Serbien nicht länger an der Integration in die EU hindern. Deshalb wurde der personelle und finanzielle Einfluss Serbiens auf die kosovo-serbischen Polizeieinheiten gekappt.

Die Regierung in Belgrad hat mit diesem neuen Kurs schon erreicht, dass die Polizei der Serbengemeinden, die in ganz Kosovo 28 Prozent des Territoriums kontrollieren, in die Kosovopolizei integriert wird. Sie wird jedoch auch in Zukunft in den Serbengebieten relativ selbstständig agieren.

Zwar hatten rund 20 bis 30 Prozent der Serben in den südlichen Gemeinden schon bei den letzten Kommunalwahlen mitgewählt, die Serben des Nordens aber hatten die Wahlen boykottiert. Jetzt hofft man in Belgrad und in Prishtina auf eine höhere Wahlbeteiligung der Serben in ganz Kosovo. Mehrere serbische Wahllisten sind bis zum Anmeldeschluss registriert worden.

Unabhängige Energieversorgung

In der Frage der Energie wollen die Serben ihre von Prishtina unabhängige Energieversorgung im Norden Kosovos behalten. Bei der Telekommunikation jedoch scheint Belgrad nachzugeben. Bisher war die Vorwahl Kosovos weiterhin identisch mit der serbischen. Eine eigene Vorwahl würde die Staatlichkeit Kosovos stärken.

Auch der Mobilfunk war behelfsmäßig organisiert. Eine französische Gesellschaft organisierte die Monaco-Vorwahl für Kosovo, eine slowenische Gesellschaft die slowenische. Der in Nordkosovo ansässige serbische Anbieter soll nach dem Kompromiss weiterarbeiten können.

Politische Beobachter in Prishtina und in Mitrovica bleiben aber skeptisch. Vor allem im Norden könnte der Wahlprozess durch radikale Nationalisten gestört werden. Andererseits jedoch sind die meisten serbischen Gemeinden mit der Entwicklung der letzten Jahre zufrieden, denn sie haben die Selbstverwaltungsrechte zum Wohle der Bewohner nutzen können.

10 Sep 2013

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Erich Rathfelder

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