taz.de -- Kommentar Syrien-Agenda: Alles hört auf Assad
Iran tritt auf den Plan – und statt dem syrischen Staatspräsidenten entscheidende Fragen zu stellen, lässt die Welt ihn gewähren.
Der neue iranische Präsident lächelt, groben Antisemitismus hat er nicht nötig, er twittert und findet, die Syrer sollten wählen können, wen sie wollen. Ja, falls gewünscht, würde er im Konflikt auch vermitteln!
Heißt das nun auch, keine Waffen mehr nach Syrien zu schicken und keine Elitekämpfer? Dazu fällt kein Wort. Aus der Öffentlichkeit fragt auch niemand nach. Man begrüßt verwundert die neue Verbindung von Mullahtum und Charme. Und was macht der verbündete Assad, jetzt, wo er dank Giftgaseinsatz wieder Akteur in Sachen Weltdiplomatie ist? Der lächelt weiterhin nicht, sondern gibt den kühl rechnenden Staatsmann: Eine Milliarde werde die Entsorgung der C-Waffen kosten, die syrische Wirtschaft jedoch liege am Boden. Botschaft: Der Westen will die Vernichtung der Giftwaffen, dann soll er sie auch bezahlen. Ach ja, und ein Jahr Zeit brauche er für die Aktion auch noch.
Munter schlägt Assad Kapital aus dem Giftgas-„Zwischenfall“. Und es ist bizarr, wie sich die westlichen Entscheider jetzt die Agenda diktieren lassen: Die Diskussionen ums Giftgas nützen Assad, also redet er darüber, und alle anderen auch. Fragen zu den täglichen Bombardements mit rund 80 Toten verbittet er sich, also werden sie zu Randmeldungen im Nachrichtengeschäft. Wie Assads systematischer Kampf gegen Krankenhäuser und medizinisches Personal. Obwohl Weltgesundheitsorganisation, Ärzte ohne Grenzen und das Rote Kreuz immer wieder darauf hinweisen.
Aber auch die westliche Öffentlichkeit interessiert sich nicht für das, was „am Boden“ in Syrien passiert. Stur richtet sie ihren Blick auf die Führungsfiguren: Lächelt der Mullah? Stehen Assads Ohren immer noch ab? Das sind Fragen, die sich mit einem schlichten Ja beantworten lassen. Und die Welt ist wieder übersichtlich.
20 Sep 2013
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