taz.de -- Kommentar Konservative Grüne: Schluss mit der Weichspüler-Partei

Der grüne Schwenk zum Konservatismus ist Betrug am Wähler. Es sollte weiter um Inhalte gehen und nicht nur ums Gewinnen.
Bild: So schön weich hier

Ich will meine Stimme zurück! Denn es ist ja schier unglaublich, wie sie aus ihren Gräben krabbeln: die Kretschmänner, die Palmers, die Özdemirs, der ganze – so muss man ihn nennen – konservative Flügel der Grünen, der sich während des Wahlkampfs verkrochen hatte. Der jetzt seine Chance wittert, die nach der Wahlpleite in Panik verfallene Partei im Handstreich zu übernehmen.

Es sei falsch, tönt Winfried Kretschmann, die Grünen zwischen SPD und Linkspartei zu positionieren. Da sei kein Platz. Und deshalb: Hinfort mit jedem Gedanken, der irgendwie links aussehen könnte!

Aber klar, es mag sein, dass weichgespülte Grüne, die ihre mittel- bis oberschichtgeprägte Wählerschaft nur mit ökologisch korrekten Wattebäuschchen anfassen, besser ankommen. Die Frage aber lautet: Geht es wirklich nur ums Gewinnen? Geht es in der Politik – gerade bei den Grünen – nicht auch um Inhalte? Um eine Überzeugung, die man eben nicht fallen lässt, bloß weil sie gerade mal keine Mehrheit findet?

Jürgen Trittin hat mit seinem sanften linken Steuerprogramm versucht, nicht nur die Ökologie, sondern auch die Ökonomie dieses Landes zu verändern. Solche Positionen braucht die Partei. Erst recht, wenn sie tatsächlich irgendwann mal mit der Union koalieren – und in ein solches Bündnis regierungs- und somit gesellschaftsverändernde Positionen einbringen will.

Eine grüne CDU gibt es schon

Eine konservative Ökopartei hätte da nichts zu bieten. Denn eine grüne CDU, eine Kretschmann-Union, die gibt es schon: Ihre Vorsitzende heißt Angela Merkel. Ihr Umweltminister Peter Altmaier.

Vor allem aber ist der grüne Schwenk zum Konservatismus eins: Betrug an denen, die die Partei am Sonntag gewählt haben– und zwar genau wegen des linken Programms, das ein Versuch war, Politik zu machen.

26 Sep 2013

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Gereon Asmuth

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