taz.de -- Kommentar Ukraine: Timoschenko raus, EU rein

Julia Timoschenko wird wohl doch ausreisen dürfen: Denn am Umgang mit der erkrankten Politikerin hängt auch das Schicksal von Präsident Janukowitsch.
Bild: Seit August 2011 unter Polizeischutz: Julia Timoschenko.

Sieh mal einer an: Offenbar ist der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch nun doch bereit, der inhaftierten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko, die Möglichkeit zu eröffnen, sich im Ausland medizinisch behandeln zu lassen. Der Sinneswandel jedoch hat sich bereits seit längerem angedeutet.

Denn Janukowitsch weiß ganz genau: Wenn sich im Fall Timoschenko nichts bewegt, kann er das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union, das Ende November in Vilnius unterzeichnet werden soll, vergessen.

Ein Nein aus Brüssel jedoch wäre für ihn eine Katastrophe und zu Hause kaum zu vermitteln: Weder seiner regierenden Partei der Regionen, die sich mittlerweile als vehemente Verfechterin europäischer Werte geriert und die Unterzeichnung des Abkommens zu einer Schicksalsfrage für die Ukraine stilisiert; noch der Bevölkerung, die das Abkommen mehrheitlich will und mit derart hohen Erwartungen überfrachtet, dass einem angst und bange werden kann.

Kreativer Umgang mit Gesetzen

Und so dürfte die Ausreise Timoschenkos beschlossene Sache sein. Dabei spielt es auch nur eine untergeordnete Rolle, auf welcher gesetzlichen Grundlage die "Gasprinzessin" das Land verlassen kann. Denn ein "kreativer" Umgang mit Gesetzen ist in der Ukraine leider nach wie vor Alltag. Und genau da liegt das Problem. Das Land ist immer noch meilenweit von einem Rechtsstaat entfernt.

Davon zeugen Gefangene, die aufgrund fabrizierter Verfahren in Gefängnissen sitzen und Menschen, die auf Polizeistationen gefoltert werden. Zweifellos gibt es hoffnungsvolle Ansätze für Reformen. Doch das reicht bei weitem nicht.

Die Ukraine muss jetzt liefern - und zwar jenseits der Causa Timoschenko. Ohne Druck aus Brüssel wird das nicht gehen. Daher muß die EU nach der Unterzeichnung des Abkommens alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen. Alles andere wäre fatal - für beide Seiten.

18 Oct 2013

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Barbara Oertel

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