taz.de -- Tödlicher Unfall auf Tiananmen-Platz: China verdächtigt erneut Uiguren

Fünf Menschen starben, als ein Geländewagen in Peking in eine Menschenmenge raste, fast 40 weitere wurden verletzt. Nun sucht die Polizei zwei Uiguren.
Bild: Der Unfallort vor den Toren der Verbotenen Stadt.

PEKING dpa/afp | Die Pekinger Polizei fahndet nach einem tödlichen Zwischenfall vor der Verbotenen Stadt nach zwei Uiguren. In Hotels der Stadt wurde ein Aufruf der Fahnder verteilt, in dem nach den beiden Männern gesucht wird, wie Hotelangestellte am Dienstag auf Nachfrage berichteten. Die Männer sollen aus der westchinesischen Unruheprovinz Xinjiang stammen, wo es immer wieder zu Konflikten zwischen den muslimischen Uiguren und Han-Chinesen kommt.

Wachleute bestätigten, dass ihre Hotels Warnhinweise bekommen hätten. Eines dieser Dokumente wurde allem Anschein nach vom Menschenrechtsportal 64tianwang.com veröffentlicht, die Authentizität ließ sich aber nicht unabhängig bestätigen. In dem Schreiben werden Namen, Ausweisnummern und Wohnsitze von Verdächtigen mit der Bitte um Hinweise genannt.

Die Polizei wollte sich am Dienstag auf Anfrage nicht zu dem Schreiben äußern und hatte zunächst keine Informationen über ein mögliches Motiv veröffentlicht. In dem Schreiben an die Hotels heißt es nur, es gehe um einen „bedeutenden Fall“. Außerdem wollen die Fahnder mehr über den Verbleib eines Geländewagens und vier Nummernschilder aus der westchinesischen Provinz Xinjiang erfahren. Ob es sich bei den beiden Uiguren um zwei der Todesopfer aus dem verbrannten Auto handelte bliebt unklar.

Am Montag war ein Geländewagen am Eingang zum Kaiserpalast im Herzen Pekings in eine Menschenmenge gefahren und nach einem Zusammenstoß mit einem Brückenpfeiler in Flammen aufgegangen. Dabei kamen die drei Insassen des Wagens sowie zwei Touristen ums Leben. Nach Polizeiangaben wurden darüber hinaus 38 Menschen verletzt. Der Wagen soll aus einer Nebenstraße gekommen und rund 400 Meter über den Bürgersteig bis vor den Eingang zum Kaiserpalast gefahren sein.

Bis auf die Global Times berichteten Chinas Medien auffallend zurückhaltend über den Vorfall am Tiananmen-Platz. Meist wurde das Thema nur im unteren Abschnitt der Titelseiten erwähnt. Praktisch alle Zeitungen druckten dabei – wie in derlei Fällen üblich – den Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua, der sich auf den Rettungseinsatz konzentrierte und die möglichen Hintergründe des Vorfalls offenließ.

Spekulationen über Selbstmordanschlag

Nachdem am Montag nur Minuten nach dem Zwischenfall viele Fotos von einem brennenden Auto und verletzten Menschen im Internet verbreitet wurden, waren die Bilder von der staatlichen Zensur am Dienstag fast vollständig gelöscht worden. Mit dem Vorfall verbundene Suchbegriffe wie „Tiananmen“ und „Bombe“ lieferten keine Informationen. Stattdessen wurde etwa beim Twitter-ähnlichen Sina Weibo diese Botschaft angezeigt: „Gemäß bestehender Gesetze und Regeln (...) werden keine Suchergebnisse angezeigt.“

Trotzdem kursierten im Netz Dutzende Gerüchte über die Hintergründe des Vorfalls. Viele Menschen spekulierten nach Bekanntwerden des Polizeischreibens über einen Selbstmordanschlag. Die Provinz Xinjiang gilt als „Pulverfass“.

Das Unfallgelände vor dem Kaiserpalast könnte in China kaum brisanter sein. Auf dem gegenüberliegenden Tian'anmen Platz hatten 1989 über Wochen Hunderte Studenten campiert und politische Reformen gefordert, bis sie von der Volksbefreiungsarmee blutig niedergeschlagen wurden.

29 Oct 2013

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