taz.de -- Kommentar Ugandas Homogesetz: Blödsinn als Akt des Widerstands
Privates Verhalten wird Straftatbestand. Für viele Ugander ist das neue Anti-Homosexuellen-Gesetz eine Gefahr – denn Denunziation kann sich lohnen.
In derselben Ausgabe, in der Ugandas Regierungszeitung New Vision am Wochenende die Begründung von Präsident Yoweri Museveni für seine bevorstehende Unterzeichnung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes veröffentlichte, brachte das Blatt eine investigative Reportage über Korruption in der Polizei.
Die neuen Gesetze gegen Alkohol am Steuer führten zu verbreiteter Erpressung durch korrupte Polizisten, hieß es. Wenn jetzt in Uganda sogar das Nichtanzeigen des Gutheißens von Homosexualität strafbar wird – welche Möglichkeiten eröffnet das wohl für Korruption und Willkür?
Das neue Gesetz in Uganda ist eine Gefahr für viele Ugander, nicht bloß wegen seines Wortlauts, sondern wegen des Fehlens von Rechtsstaatlichkeit. Es macht das private Verhalten der Bürger zum Straftatbestand und ermöglicht damit vielfältige Denunziation in einer Gesellschaft, in der viele Menschen ohnehin zu jedem Mittel greifen müssen, um zu überleben. Dies sollte Gegenstand von auswärtiger Kritik sein. Alles andere spielt Museveni in die Hände.
Wenn jemand dafür prädestiniert war, einen Kulturkampf zwischen Afrika und dem Westen anzuzetteln, dann wohl Museveni. Der mittlerweile 69-jährige Präsident, der sein Land seit 28 Jahren regiert, war schon immer ein Mann der großen Worte für ganz Afrika. Und heute stehen die Zeichen in Afrika auf Zurückweisen von Kritik von außen und auf ein Ende der Abhängigkeit – bei alten Autokraten ebenso wie bei der jungen Generation.
Es wird nun zahlreiche Appelle von Menschenrechtlern geben, mit Sanktionen gegen Uganda auf das Gesetz zu reagieren. Aber Präsidenten, die offenkundigen Blödsinn als Akt des Widerstands gegen äußeres Diktat darstellen, legitimiert man dadurch eher noch. Man kann nur hoffen, dass das Gesetz folgenlos bleibt. Gesetze gegen Korruption in Uganda sind es ja auch.
24 Feb 2014
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