taz.de -- Wahlen in der Ukraine: Klitschko will Präsident werden

Der Boxweltmeister Vitali Klitschko will beim Urnengang im Mai antreten. Der Aufenthaltsort von Ex-Präsident Janukowitsch ist weiter unbekannt.
Bild: Die Demonstranten vom Maidan bewachen jetzt das Parlament.

BERLIN taz | Die Ukrainer müssen weiter auf eine Übergangsregierung warten. Das Parlament verschob eine für Dienstag geplante Abstimmung auf den kommenden Donnerstag. Die bisherige Opposition ist vor allem uneins über die künftige Rolle der Aktivisten vom Kiewer Maidan. Die Partei von Exregierungschefin Julia Timoschenko forderte erneut, Aktivisten in die neue Regierung einzubinden.

Die Maidan-Bewegung machte laut einer Erklärung an die Agentur Interfax zur Bedingung, dass jedes Kabinettsmitglied die Zustimmung des Maidan benötige. Zudem dürften die 100 reichsten Ukrainer keine Regierungsposten erhalten. Notwendig seien auch mindestens sieben Jahre Arbeitserfahrung. Mitglieder der bisherigen Regierung und der Präsidialkanzlei sollten keine Ämter erhalten.

Unterdessen kündigte der Ex-Boxweltmeister und Chef der Partei Udar, Vitali Klitschko, seine Kandidatur für die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 25. Mai an. „Ich bin überzeugt, dass wir die Prinzipien und Spielregeln in der Ukraine komplett ändern müssen. Wir müssen die Gerechtigkeit wiederherstellen“, sagte er.

Ob auch die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko bei den Wahlen antreten wird, war am Dienstag weiter unklar. Die 53-Jährige wolle am 6. und 7. März an einem Treffen der Europäischen Volkspartei (EVP) in Dublin teilnehmen und sich danach wegen ihres Rückenleidens in der Berliner Charité behandeln lassen, teilte ihre Partei mit.

Maidan sollte umstellt werden

Am Dienstag wurde bekannt, dass die Demonstranten auf dem Maidan nur knapp einem Massaker entgangen sind. Das geht aus Dokumenten hervor, die Journalisten zufolge in der Residenz des abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch gefunden worden und von einem Abgeordneten der bisherigen Opposition ins Internet gestellt worden waren. Den Plänen zufolge sollte der Maidan umstellt werden. Scharfschützen hätten das Feuer auf die Demonstranten eröffnen sollen. 22.000 Polizisten, darunter 2.000 Spezialkräfte, sollten an der Aktion mit unabsehbaren Folgen beteiligt werden.

Der Aufenthaltsort von Janukowitsch, nach dem mit einem Haftbefehl wegen Massenmordes gesucht wird, war auch am Dienstag weiter unbekannt. Zuletzt soll Janukowitsch auf der Halbinsel Krim gesehen worden sein. Dort soll er sich am Montag mit seinem Vertrauten, dem früheren Chef des Präsidialamtes Andrei Kljujew, getroffen haben. Dessen Sprecher erklärte, dass Kljujew angeschossen worden sei. Wie es zu dem Angriff gekommen sei, wisse er nicht.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton stellte bei einem Besuch in Kiew Finanzhilfen für die neue ukrainische Führung in Aussicht. Allerdings seien dringend Reformen für das vom Staatsbankrott bedrohte Land nötig. Als Teil einer langfristigen Lösung brachte sie auch die Osteuropabank (EBRD) ins Gespräch. Die Ukraine benötigt in den kommenden zwei Jahren 35 Milliarden Dollar Auslandshilfe. Auch die USA stehen zur Unterstützung bereit. Ashton betonte, die EU werde bei der Ukraine-Hilfe mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammenarbeiten. Das gestoppte IWF-Programm hatte einen Umfang von 15,5 Milliarden Dollar.

Russlands Außenminister Sergei Lawrow warnte den Westen davor, Druck auf die Ukraine auszuüben. Das Land dürfe nicht zu einer Entscheidung über engere Bindungen an den Westen oder den Osten gezwungen werden. „Es ist gefährlich und kontraproduktiv zu versuchen, die Ukraine zu einer Entscheidung zu zwingen nach dem Motto: Entweder bis du für uns oder gegen uns“, sagte Lawrow in Moskau.

25 Feb 2014

AUTOREN

Barbara Oertel

TAGS

Präsidentschaftswahl
Vitali Klitschko
Julia Timoschenko
Internationaler Strafgerichtshof
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Julia Timoschenko
Ukraine
Ukraine
Ukraine
USA
Ukraine
Ukraine
Wiktor Janukowitsch
Maidan
Ukraine
Ukraine
Julia Timoschenko

ARTIKEL ZUM THEMA

Timoschenko tritt bei Präsidentenwahl an: Schießwütige Kandidatin

Sie galt als Ikone der Orangenen Revolution, ist in der Ukraine dennoch umstritten. Jetzt erklärt Julia Timoschenko, dass sie Ende Mai Präsidentin werden will.

Ein ukrainisches Wörterbuch: Mein Maidan

In Kiew auf dem Platz der Unabhängigkeit rast die Zeit. Manche Worte bleiben, andere ändern ihre Bedeutung. Und unterdessen geht die Revolution weiter.

Revolution in der Ukraine: Freilichtmuseum Maidan

Nach dem Umsturz wollen sich die Aktivisten in Kiew ihren Sieg nicht stehlen lassen. Aber was ist jetzt eigentlich noch zu tun?

Umsturz in der Ukraine: Putins Truppen in Alarmbereitschaft

Auf der Krim geraten pro-russische und pro-ukrainische Demonstranten aneinander. Und Russlands Präsident Putin lässt die Gefechtsbereitschaft seiner Armee testen.

Drohender Staatsbankrott der Ukraine: Hilfspaket geplant

Die Ukraine steht finanziell am Abgrund. Ohne Interimsregierung wird es aus dem Westen kein Geld geben. Die USA warnen vor neuem „West gegen Ost“.

Kommentar EU-Hilfen für die Ukraine: Europa hat sich übernommen

Die EU hat den Umsturz in der Ukraine gefördert, doch lange zuvor war klar, dass sie nicht reif für neue Mitglieder ist. Nun kommt die Rechnung.

Rebecca Harms über die Ukraine: „Keine Rückkehr zum System Putin“

Mitglied der EU wird die Ukraine in absehbarer Zeit nicht werden, sagt Grünen-Politikerin Rebecca Harms. Wie die Gemeinschaft dem Land trotzdem helfen kann.

Neue ukrainische Regierung: Timoschenko will nach Deutschland

Westliche Diplomaten weilen zu Gesprächen in Kiew. Die Wahl eines neuen Ministerpräsident wurde verschoben. Russland erhöht den Druck auf die Regierung.

Nationalisten in der Ukraine: Der „Rechte Sektor“ will Macht

An den Kämpfen auf dem Maidan war der „Rechte Sektor“ maßgeblich beteiligt. Jetzt greifen seine Anführer nach der Macht. Aber die Menschen sind misstrauisch.

Grünen-Abgeordnete über Maidan: „Die waren nicht zimperlich“

Marieluise Beck reist als Mitglied des Bundestags regelmäßig in die Ukraine. Die Grüne war auch bei den Protesten auf dem Maidan in Kiew.

Geld für die Ukraine: Hilfe unter strikten Bedingungen

Die Ukraine hat 13 Milliarden Euro Schulden. Brüssel kann sich weder einen Rettungsschirm leisten – noch einen raschen Beitritt zur EU.

Kommentar Timoschenko: Julia und das alte Regime

Was sie von Wiktor Janukowitsch unterscheidet, ist lediglich der Zopf. Für viele Menschen repräsentiert Julia Timoschenko die ehemalige Staatsmacht.