taz.de -- Kommentar Drei-Prozent-Hürde: Sieg der Demokratie

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Europawahl ist nicht europafeindlich. Die Verfassungsrichter waren einfach nur konsequent.
Bild: Der Vorsitzende der kleinen ÖDP, Sebastian Frankenberger, freut sich: Auch weiterhin darf im EU-Parlament nicht geraucht werden.

Das gab es in Deutschland noch nie. Im Mai wird mit der Europawahl zum ersten Mal eine bundesweite Wahl ohne Prozenthürde abgehalten. Das Bundesverfassungsgericht hat nach der Fünf-Prozent-Hürde jetzt auch die vom Bundestag ersatzweise eingeführte Drei-Prozent-Hürde [1][für verfassungswidrig erklärt.]

Das ist ein Sieg der Demokratie, denn jede Prozenthürde verzerrt das Wahlergebnis. Nicht nur weil Stimmen für die kleinen Parteien nicht mitgezählt werden, vielmehr werden die Wähler schon abgeschreckt, überhaupt für kleine Parteien zu stimmen.

Zwar wäre auch die jetzt kassierte Drei-Prozent-Hürde ein Fortschritt gewesen. Doch die Karlsruher Richter sind ihren 2011 eingeschlagenen Rechtsprechungspfad konsequent weitergegangen.

Das ist einerseits ein Zeichen Karlsruher Souveränität. Man ist nicht eingeknickt, um erwartbare Kritik aus Berlin zu vermeiden.

Das Urteil ist aber kein Zeichen Karlsruher Stärke. Wie schon 2011 fiel auch dieses Urteil nur mit 5 zu 3 Richterstimmmen, also mit denkbar knapper Mehrheit. Wenn nur ein Richter anders gestimmt hätte, wäre die Sperrklausel bestehen geblieben.

Die Entscheidung der Karlsruher Richter ist nicht europafeindlich. Das Europaparlament ist kein Parlament zweiter Klasse, nur weil die deutschen Abgeordneten ohne Sperrklausel gewählt werden. Das war ein durchsichtiges Argument der etablierten Parteien, die so verhindern wollten, dass sie nun ein paar Mandate an Kleinparteien verlieren.

Das eigentliche Problem der kommenden Europawahl werden die Erfolge der Europagegner sein, insbesondere in großen Staaten wie Frankreich und Großbritannien. Dass nun in Deutschland eine Handvoll Sitze an Kleinparteien geht, wird dann vermutlich die kleinste Sorge sein.

26 Feb 2014

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Christian Rath

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