taz.de -- Ermittlungen gegen Fethullah Gülen: Vorwurf versuchter Staatsstreich

Mittels der Staatsanwaltschaft geht die türkische Regierung um Ministerpräsident Erdogan gegen den religiösen Führer Gülen vor. Von der USA fordern sie die Auslieferung.
Bild: Der Feind des Ministerpräsidenten: Fethullah Gülen.

ANKARA afp | Die türkische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den Imam und Widersacher von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, Fethullah Gülen, wegen des Vorwurfs eines „versuchten Staatsstreichs“ und der Gründung und Leitung einer „illegalen Organisation“ aufgenommen. Es lägen„ schwere Vorwürfe, insbesondere Spionage“ gegen Gülen vor, sagte Kulturminister Ömer Celik am Mittwoch dem Sender NTV. Gülen und seine Bewegung hätten „einen Staat im Staate“ errichtet und Zugang zu den "vertraulichsten Regierungstreffen" gehabt.

Erdogan hatte am Dienstag angekündigt, die Auslieferung seines einstigen Verbündeten aus den USA erreichen zu wollen. Seine Regierung werde einen entsprechenden Antrag stellen. Erdogan wirft Gülen vor, hinter den Berichten über Korruptionsskandale zu stehen, welche die türkische Regierungsspitze seit Dezember erschüttern. Er verdächtigt die Bewegung, seine Entmachtung betreiben zu wollen. Der islamische Prediger weist dies zurück.

Der 73-jährige Gülen lebt seit 1999 im selbstgewählten Exil im US-Bundesstaat Pennsylvania. Von dort leitet er eine religiöse Reformbewegung, die vor allem im Bildungsbereich aktiv ist. In Wirtschaft, Justiz und Polizei in der Türkei soll Gülens Bewegung über zahlreiche Anhänger verfügen.

Auslöser des Konflikts zwischen den einstigen Verbündeten Gülen und Erdogan waren Pläne Erdogans, die Nachhilfezentren zu schließen, die vielfach von der Gülen-Bewegung betrieben werden. Nach dem Sieg seiner AKP bei den Kommunalwahlen am 30. März hatte Erdogan angekündigt, nun gegen seine Gegner vorgehen zu wollen.

30 Apr 2014

TAGS

Fethullah Gülen
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Auslieferung
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Korruption
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan

ARTIKEL ZUM THEMA

Neues Gesetz in der Türkei: Mehr Macht für die Geheimdienste

Für die Opposition sind die „letzten Reste von Demokratie“ zerstört: Ein Gesetz von Ministerpräsident Erdogan weitet die Befugnisse des Geheimdienstes aus.

Wahlkampf des türkischen Premiers: Der Gebieter

Mein Land, meine Wahlen, mein Luftraum – Erdogan geht rigoros gegen seine Feinde vor. Am Sonntag lässt er sich dafür von Anhängern in Istanbul bejubeln.

Abgehörte Telefonate in der Türkei: Erdogan erstattet Strafanzeige

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Oppositionschef Kilicdaroglu, weil er abgehörte Telefonate veröffentlicht hat. Geklärt werden soll auch, ob die Gespräche echt sind.

Machtkampf in der Türkei: Gülen-Schulen sollen schließen

Die Parlamentsdebatte wurde teilweise mit Fäusten geführt. Nun sollen in der Türkei rund 4.000 Schulen des Erdogan-Rivalen Fethullah Gülen dichtgemacht werden.

Justiz in der Türkei: Politische Sondergerichte abgeschafft

Erdogans AKP macht einen Schritt auf die säkulare militärische Opposition zu. Die auf sie zielende Sondergerichtsbarkeit wird aufgehoben.

Kommentar Machtkampf in der Türkei: Islamistischer Bruderkrieg

In der Türkei geht das Gerangel um Macht weiter. Der Konflikt zwischen Erdogan und der Gülen-Gemeinde könnte die säkulare Bewegung stärken.