taz.de -- Nach Vormarsch von Isis im Irak: Schiiten bekämpfen sich

Anhänger eines hohen schiitischen Geistlichen kämpfen in der Stadt Kerbela mit der Armee. Mehrere Menschen sterben. Regierungschef al-Maliki warnt die Kurden.
Bild: Kampfpause: Kurdische Soldaten der Peschmerga am Montag im Norden des Irak.

KERBELA dpa/afp | Nach dem Vormarsch der sunnitischen Terrorgruppe Isis ist im Irak auch Gewalt zwischen Schiiten ausgebrochen. Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern eines hohen schiitischen Geistlichen seien rund 20 Menschen getötet und 30 verletzt worden, hieß es aus Sicherheitskreisen.

Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki warnte zugleich die Kurden im Norden des Landes davor, ihre Unabhängigkeit voranzutreiben. Es werde niemandem erlaubt, die jetzige Situation auszunutzen, sagte er am Mittwoch in einer TV-Ansprache. Der Irak sei ein demokratischer und föderaler Verfassungsstaat. Gleichzeitig hat er den Anhängern der radikalislamischen Kämpfern eine Amnestie in Aussicht gestellt, wenn sie ihre Unterstützung für diese einstellen.

Die Amnestie solle für alle „Stämme und Menschen gelten, die in Aktionen gegen den Staat verwickelt waren, aber jetzt zur Vernunft zurückkehren“, sagte al-Maliki. Ausgeschlossen von der Strafbefreiung sollten aber alle sein, die Menschen getötet hätten. Mit dem Amnestie-Versprechen will al-Maliki offenbar die Unterstützung für die Dschihadisten in der Bevölkerung vermindern.

Die Gewalt in der Stadt Kerbela brach am Dienstagabend aus, als die Polizei Gefolgsleuten des religiösen Führers Mahmud al-Sorchi das Gebet vor einem wichtigen schiitischen Grabmal untersagte, wie Augenzeugen berichteten. Dutzende Personen wurden festgenommen. Über Kerbela war Rauch zu sehen, Schüsse waren zu hören.

Die Armee schickte Verstärkungen in die Stadt rund 100 Kilometer südlich von Bagdad und setzte Kampfhubschrauber ein. Die Regierung verhängte eine Ausgangssperre. Auseinandersetzungen habe es auch in der Stadt Diwanija südlich von Kerbela gegeben, hieß es weiter. Kerbela ist für Schiiten eine heilige Stätte, weil dort der von ihnen als Märtyrer verehrte Imam Hussein begraben liegt.

Al-Sorchi einst von US-Armee gesucht

Laut dem irakischen Nachrichtenportal Al-Sumeria kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern Al-Sorchis. Demnach wurde der Geistliche einst von der US-Armee gesucht, weil er für den Tod von Soldaten verantwortlich sein sollte.

Im Irak sind zudem seit Anfang Juni Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) auf dem Vormarsch. Sie beherrschen große Teile im Norden und Westen des Landes. Die Gruppe hatte am Sonntag eine „Islamisches Kalifat“ ausgerufen und sich zugleich in „Islamischer Staat“ umbenannt. Isis-Chef Abu Bakr al-Baghdadi rief die Muslime am Dienstagabend in einer Audiobotschaft auf, in den Dschihad, den „Heiligen Krieg“, zu ziehen und ins Land zu kommen. Zugleich kündigte er Rache für Unrecht an Muslimen an.

Die Ausrufung des Kalifats sei ein Warnsignal für die Nachbarstaaten, sagte Regierungschef Al-Maliki in seiner Ansprache. „Das Kalifat ist eine Botschaft an die Länder der Region, dass sie sich in einem roten Kreis befinden.“

Zugleich gingen die Kämpfe zwischen Armee und Isis-Milizen weiter. Ein Militärsprecher sagte in Bagdad, Regierungseinheiten hätten einen Armeestützpunkt in der Nähe der Stadt Tikrit 170 Kilometer nordwestlich von Bagdad zurückerobert. Zu Zusammenstößen kam es auch in Bakuba 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Bei Luftangriffen der Armee auf den Ort Al-Schirkat im Norden des Iraks starben laut Augenzeugen sieben Zivilisten.

2 Jul 2014

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