taz.de -- Nachrichten von 1914 – 7. Juli: Selbstmord wegen Spekulationen
Ein Mehlhändler und seine Frau haben sich wegen Geldproblemen umgebracht. Weil die Geschäfte immer schlechter liefen, spekulierten sie mit Geld.
Verfehlte Spekulationen und Nahrungssorgen haben den Inhaber der Mehlgroßhandlung Rudow u. Allmers in Charlottenburg. Karl Allmers und seine Frau, die mit ihren drei Kindern in der Weimarer Straße 11 in Charlottenburg wohnten, in den Tod getrieben.
Das Ehepaar hat sich gestern in der Küche der Wohnung mit Gas vergiftet. Über die Tat werden uns folgende Einzelheiten mitgeteilt: Gestern morgen schickten die Eheleute Allmers ihre beiden 16 und 11 Jahre alten Töchter zu Besuch zu Angehörigen, die in einem Vorort wohnen. Vorher hatten sie sich von einem der Mädchen eine Flasche Kognak holen lassen.
Am Nachmittag fiel Hausbewohnern ein starker Gasgeruch im Hause auf, sie achteten jedoch nicht weiter darauf. Als die beiden Mädchen um ½ 7 Uhr Abends nach Hause zurückkehrten, fanden sie die Türe zu ihrer Wohnung verschlossen. Da auf Klingeln und Klopfen nicht geöffnet wurde, so wandten sich die Kinder an den Hauswirt, der die gewaltsame Öffnung der Korridortüre veranlasste. Ein starker Gasgeruch strömte den Eintretenden entgegen. Als man die Türe zur Küche öffnete, sah man das Ehepaar Allmers am Küchentisch mit aufgestützten Armen, jeder von ihnen einen Gummischlauch, der an die Gasleitung angeschlossen war, im Munde.
Auf dem Tisch stand eine geleerte Kognakflasche, daneben lagen ein Portemonnaie mit 100 Mark Inhalt und ein Zettel, auf dem geschrieben stand, dass die Kinder sich das Geld teilen sollen. Während Frau Allmers noch schwache Lebenszeichen von sich gab, war bei ihrem Gatten bereits der Tod eingetreten. Die Bemühungen eines Arztes und der Feuerwehr, die sofort herbeigerufen wurde, hatten aber bei Frau Allmers keinen Erfolg mehr. Sie verschied unmittelbar nach dem Eintreffen des Arztes.
Als Grund für den Doppelselbstmord werden verfehlte Spekulationen angegeben. Da das Geschäft in den letzten Jahren sehr zurückgegangen war, so versuchte Allmers seine schlechte finanzielle Lage durch allerhand Spekulationen zu verbessern, die jedoch fehlschlugen. Außer den beiden Töchtern ist noch ein Sohn vorhanden, der sich zurzeit auf einer Wanderfahrt befindet. Die Leichen wurden noch gestern Abend in das Charlottenburger Schauhaus gebracht.
Quelle: Berliner Tagblatt
7 Jul 2014
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