taz.de -- Krise in der Ukraine: Waffenruhe in Aussicht gestellt
Petro Protoschenko erklärt sich in einem Telefonat mit Merkel zur Waffenruhe bereit. Die Kämpfe im Osten des Landes halten an. Amnesty verzeichnet Folterfälle.
LONDON/DONEZK/KIEW dpa/afp | Amnesty International wirft den bewaffneten Separatisten und regierungstreuen Truppen in der Ostukraine gravierende Menschenrechtsverletzungen vor. Die Menschenrechtsorganisation sprach von „immer mehr Beweisen“ für Folter und Menschenraub dort. In den vergangenen drei Monaten seien Journalisten, Aktivisten und Demonstranten schwer verprügelt und auf andere Weise gefoltert worden, teilte Amnesty am Freitag in London mit.
Der Bericht beruhe auf Informationen, die ein Amnesty-Team in den vergangenen Wochen in der Ostukraine recherchiert habe. „Die meisten Entführungen gehen auf das Konto von bewaffneten Separatisten“, sagt Denis Krivosheew von Amnesty International, Vizedirektor für Europa und Zentralasien. „Die Opfer wurden oft brutal geschlagen und gefoltert. Aber auch seitens der regierungstreuen Kräfte haben wir Menschenrechtsverletzungen dokumentiert.“ Hunderte von Entführungen gebe es demnach in der ganzen Ostukraine, in den Regionen Donezk und Lugansk. Genaue Zahlen kenne niemand.
Die Kämpfe in der Ostukraine werden unterdessen heftiger und verlustreicher. Bei neuen schweren Gefechten zwischen der Armee und prorussischen Separatisten sind am Donnerstag Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Die Aufständischen sprachen von etwa 50 toten Soldaten bei blutigen Kämpfen um den Flughafen der Großstadt Lugansk. Das Militär räumte Verluste ein. Allerdings seien bei einem Feuergefecht nahe der Millionenmetropole Donezk auch mindestens 25 „Terroristen vernichtet“ worden, sagte Bataillonskommandeur Semjon Sementschenko am Donnerstag in dem Konfliktgebiet.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat seine Bereitschaft zu einer neuen Waffenruhe in der Ukraine erklärt. Er habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Telefonat versichert, dass er offen sei für eine „beidseitige “, teilte die ukrainische Präsidentschaft am Freitag mit. Gleichzeitig habe Poroschenko in dem Gespräch am Donnerstagabend betont, dass eine Kontrolle der Grenze zu Russland unerlässlich sei, um das Einsickern von Waffen und Kämpfern aus dem Nachbarland zu verhindern.
Nach Angaben Kiews erklärte Merkel, dass eine Überwachung der Grenze durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aufgrund der Kampfhandlungen derzeit nicht möglich sei.
Poroschenko tauschte sich der Mitteilung zufolge auch mit US-Vizepräsident Joe Biden über die Lage in der Ostukraine aus. Biden habe ihm dabei die Unterstützung Washingtons beim Aufbau der Infrastruktur in den von der Armee zurückeroberten Städten zugesagt. Poroschenko hatte eine einseitige Waffenruhe in der vergangenen Woche für beendet erklärt.
11 Jul 2014
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