taz.de -- Kampf gegen den „Islamischen Staat“: US-Präsident will mehr Offensive

Mit irakischen Bodentruppen will Obama den IS zurückdrängen. Ob dessen Führer verletzt worden ist, bleibt unklar. In Ägypten schwört eine Miliz dem IS Treue.
Bild: Wurde er verwundet? Aufnahme des IS-Führers al-Baghdadi aus einem auf einer extremistischen Webseite geposteten Video vom Juli 2014

WASHINGTON/BAGDAD/KAIRO dpa/ap | US-Präsident Barack Obama sieht eine „neue Phase“ im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak. Die Luftangriffe hätten „sehr wirksam“ die Kapazitäten der Dschihadisten verringert und ihren Vormarsch verlangsamt, sagte Obama am Sonntag in einem Interview des Senders CBS. Statt zu versuchen, ihnen nur den Schwung zu nehmen, sei man jetzt in einer Position, damit anzufangen, etwas in die Offensive zu gehen.

„Was wir jetzt brauchen, sind Bodentruppen, irakische Bodentruppen, die damit beginnen, sie zurückzudrängen“, sagte der Präsident, der am Freitag die Entsendung zusätzlicher 1500 US-Soldaten in den Irak verkündet hatte.

Er bekräftigte zugleich, dass die Amerikaner vor Ort keine Kampfeinsätze leisten, sondern lediglich bei der Ausbildung irakischer Truppen und anderer Kräfte für den Kampf gegen den IS helfen würden. Aber die USA würden örtliche Bodentruppen „nah aus der Luft“ unterstützen, wenn sie so weit seien, eine Offensive gegen den IS zu starten.

Unklarheit über Ort der Bombardierung

Unterdessen gibt es nach einem Luftangriff auf die Terrormiliz im Irak neue Berichte über eine Verletzung des IS-Anführers Abu Bakr al-Baghdadi. Irakische Regierungsstellen und der Staatssender Irakija meldeten am Sonntag, auch Al-Baghdadi sei getroffen worden. Das US-Zentralkommando in Tampa/Florida teilte dagegen mit, es lägen keine Informationen vor, die Berichte bestätigten, nach denen Al-Baghdadi verletzt worden sei.

Kampfflugzeuge der USA hatten einen Konvoi mit IS-Anführern angegriffen. Dabei seien „viele“ Extremisten, darunter zwei regionale Chefs, getötet worden, zitierte die New York Times einen irakischen Kommandeur und einen Sicherheitsbeamten. Über den Ort der Bombardierung gab es zunächst Unklarheiten. Laut New York Times habe die Attacke nahe der Ortschaft Al-Kaim im Westirak stattgefunden, die Washington Post zitiert hingegen einen Sprecher des US-Zentralkommandos, der Konvoi sei nahe Mossul bombardiert worden.

Nach Angaben des Staatssenders Irakija soll Al-Bagdadi in der Folge eines Luftangriffes einer irakischen Spezialeinheit verletzt worden sein. Irakija berief sich auf das Innenministerium, machte jedoch keine Angaben, wann und wo der Luftschlag durchgeführt worden sein soll.

Ägyptische Terrormiliz schwört Treue

Eine Extremistengruppe aus Ägypten hat der Terrormiliz Islamischer Staat ihre Loyalität geschworen. Die auf der Sinai-Halbinsel operierende Terrorvereinigung Ansar Beit al-Makdis („Unterstützer Jerusalems“) erklärte am späten Sonntagabend in einer Audionachricht auf Twitter und der Internetseite der Milizen ihre Verbundenheit mit dem IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi. Dieser war nach Angaben der irakischen Regierung bei einem Luftangriff verletzt worden.

Der unbekannte Sprecher sagte in der Erklärung, Ansar Beit al-Makdis habe entschieden, sich dem IS anzuschließen, „dessen Aufkommen einer neuen Dämmerung gleicht, die das Banner des Monotheismus erhöht“.

Ansar Beit al-Makdis hat in der Vergangenheit die Verantwortung für mehrere tödliche Attacken, vor allem auf ägyptische Sicherheitskräfte, übernommen. Vor wenigen Tagen hatte die Gruppe auf Twitter Berichte zurückgewiesen, nach denen sie Al-Bagdadi die Treue geschworen habe. Sie stand bisher dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahe.

Fassbomben über Aleppo

Die syrischen Streitkräfte gingen während eines Besuches des UN-Sondervermittlers in Damaskus mit neuer Härte gegen ihre Gegner vor. Am Sonntag starben nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beim Abwurf von Fassbomben nahe Aleppo mindestens 21 Menschen, 14 weitere wurden am Vortag bei Luftschlägen nahe Damaskus getötet. Der UN-Gesandte Staffan de Mistura bemühte sich unterdessen nach syrischen Angaben in Damaskus um die Errichtung regionaler Waffenstillstandszonen in dem Bürgerkriegsland.

Die Waffenstillstandszonen sollten die Lieferung von Hilfsgütern erleichtern und ein Schritt zu einer Friedenslösung sein, berichtete die syrische Tageszeitung Al-Watan. Neben dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad und Vertretern des Außenministeriums wolle der Gesandte auch von der Regierung geduldete Oppositionelle sprechen. Der Diplomat war im Juli zum Nachfolger von Lakhdar Brahimi zum Sondergesandten der Vereinten Nationen für Syrien ernannt worden.

Aleppo gehört zu den am härtesten umkämpften Orten im syrischen Bürgerkrieg. Gemäßigte Rebellen sind bis auf eine schmale Versorgungsroute im Osten des Stadtzentrums eingeschlossen. IS-Kämpfer und Regimetruppen belagern die Stadt von zwei Seiten.

10 Nov 2014

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