taz.de -- Kommentar Palästinas UN-Politik: Teure Ungeduld

Palästinas Präsident Abbas muss sich entscheiden: zwischen neuer Gewalt und dem Kampf auf der internationalen politischen Bühne.
Bild: Glaubt nicht mehr an bilaterale Friedensverhandlungen: Palästinas Präsident Abbas.

Nur zwei Wochen länger hätten sich die Palästinenser gedulden müssen, um ihre Chancen für das Votum im UN-Sicherheitsrat über ein Ende der Besatzung bis 2017 zu verbessern. Seit gestern, dem 1. Januar, sitzen anstelle von Argentinien Venezuela im Sicherheitsrat, Malaysia ersetzt Südkorea und Ruanda wich Angola. Die drei Neulinge sind allesamt pro-palästinensischer als ihre Vorgänger. „Die Palästinenser lassen keine Chance aus, eine Chance zu verpassen“, kommentierte einst der ehemalige israelische Außenminister Abba Eban wiederholte Fehlentscheidungen der PLO. Genau dieser Eindruck erstellt sich auf den ersten Blick.

Umgekehrt ist der Preis für die Ungeduld so hoch, dass kluge Köpfe in Israel bereits darüber spekulieren, ob das erneute Scheitern in New York von den Palästinensern möglicherweise kalkuliert war, um die Rolle als Opfer zu pflegen. Wahrscheinlicher ist Rücksicht auf das Weiße Haus: der Termin wurde bewußt so gewählt, dass die Abstimmung noch vor dem Wechsel der nicht-ständigen Mitglieder stattfindet, was durchaus logisch wäre.

US-Präsident Barack Obama lehnt einseitige Schritte ab. Eine Mehrheit für die Petition der Palästinenser hätte ihn zum Veto gezwungen und damit erneut zur offenen Konfrontation mit Palästinenserpräsident Machmud Abbas. Das Weiße Haus hat noch nie ein anti-israelisches Votum im Sicherheitsrat durchgehen lassen.

Bleibt die Frage, warum die Palästinenser es trotzdem immer wieder versuchen. Die Antwort ist: Sie haben keine Wahl. Für Abbas gibt es seit dem Scheitern des Friedensdialogs nur zwei Möglichkeiten: neue Gewalt oder Kampf auf internationaler Bühne. Wer Gewalt ablehnt, sollte der PLO bei ihren diplomatischen Bemühungen unter die Arme greifen. Auch auf die Gefahr hin, Abschied von alten Gewohnheiten nehmen zu müssen.

2 Jan 2015

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Susanne Knaul

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