taz.de -- Kolumne Pflanzen essen: Jack the Ripper der Gurken

Pflanzen sind Lebewesen, aber können sie auch Schmerzen empfinden? Selbst wenn, ist Veganismus immer noch die bessere Ernährungsweise.
Bild: Dass mein Basilikum nicht „Aua!“ schreit, liegt keineswegs nur daran, dass er nicht sprechen kann

„Dein armer Salat würde bestimmt schreien, wenn er könnte“, witzelte mein Bruder Fabian, als wir gemeinsam essen waren, während ihm der Steaksaft vom Kinn tropfte. Lustig, dass viele Omnivoren genau dann ganz großes Mitleid mit Pflanzen bekommen, wenn sie sich in der Gesellschaft eines Veganers der eigenen Essgewohnheiten bewusst werden und sich dadurch angegriffen fühlen. Diese Art der Argumentation ist in der Philosophie als „tu quoque“ („auch du“) bekannt: Man versucht, eine These mit dem Verhalten des Gegners zu widerlegen.

Dass mein Basilikum nicht „Aua!“ schreit, wenn ich ihm ein Blatt abzwicke, liegt keineswegs nur daran, dass er nicht im herkömmlichen Sinne sprechen kann. Pflanzen reagieren zwar auf Stimuli, aber sie verfügen nicht – wie Tiere – über ein Zentralnervensystem, das ihre Schmerzen ans Gehirn weiterleitet und sie zur Flucht motiviert.

Aber selbst wenn Pflanzen Schmerz empfinden würden und ich somit der Jack the Ripper der Gurken wäre – welche Art der Ernährung wäre die beste, um Leid zu minimieren? Da besagtes Zentralnervensystem sowie der Überlebensinstinkt uns in der Regel davon abhalten, dass wir uns, Tieren und Pflanzen zuliebe, zu Tode hungern, wäre es immer noch die bessere Lösung, eine pflanzliche Ernährung zu wählen.

Denn um Tierprodukte zu produzieren, muss ein Vielfaches an Pflanzenprodukten verfüttert werden: bis zu zwölf Kilo Sojaschrot, um ein Kilo Rindfleisch herzustellen. Dieser Rechnung nach haben Fleischesser wesentlich mehr Pflanzen auf dem Gewissen als jemand, der sich vegan ernährt. Und da, liebes Bruderherz, hast du den Salat, Tomaten auf den Augen inklusive.

26 Jan 2015

AUTOREN

Sommer

TAGS

Ernährung
Pflanzen
Veganismus
Fleisch
Fleischkonsum
Veganismus
Veganismus
Essen
Antibiotika
Veganismus
Ernährung

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Pflanzen essen: Feiern ohne Soße

Wenn zur Geburstagsfeier im veganen Restaurant eingeladen wird, ist die Sorge der Freunde groß: Was soll man da denn bitte bestellen?

Kolumne Pflanzen essen: Sehnsucht nach Tier

Fleischesser sind ständig genervt von Veganern, die Fleischersatz essen. Das ergibt keinen Sinn. Veganer dürfen Fleisch vermissen.

Kolumne Pflanzen essen: Mein Ovo-Lacto-Flexitarier

Als Hundebesitzerin muss ich wählen: Fleisch in den Fressnapf oder darf es doch nur vegane Kost sein. Und dazu dann ein paar Extra-Pillen.

Kulinarische Kreation in Großbritannien: Nudelsuppe in Ostereierform

Schoko-Ostereier gibt es in Großbritannien jetzt in den Sorten „Nudelsuppe“ oder „Marmite“. Das soll tatsächlich den Verkauf steigern.

Kolumne Pflanzen essen: Man isst mit den Eckzähnen

Bevor ein Fleischfresser bei der Ernährungsdebatte die Natur ins Spiel bringt, sollte er sein Argument noch einmal überdenken.

Kolumne Pflanzen essen: Hackbraten, Vackbraten

Das Familiengericht zu Weihnachten? Falscher Hase. Aber was essen, wenn gehackte Tiere nicht auf dem Speiseplan stehen?

Kolumne Pflanzen essen: Giftige Blicke

Veganer werden auch krank. Liegt man mal flach, dann haben Fleischfresser diesen triumphierenden „Siehste!“-Ausdruck im Gesicht.