taz.de -- Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Eine SPD ohne Profil
In Sachen Vorratsdatenspeicherung ist bei der SPD eines klar: eine klare Linie gibt es nicht. Die Partei verpasst es in dieser Frage, Haltung zu zeigen.
Die SPD-Spitze versteht nicht, warum sie bei Umfragen nicht mehr aus dem 25-Prozent-Keller kommt. Ein Grund könnte sein, dass sie in vielen Politikbereichen von geradezu provozierender Profillosigkeit ist. Und zwar nicht, weil sie sich in der Koalition nicht durchsetzen kann, sondern weil sie schon als sozialdemokratische Partei keine erkennbare Position hat.
Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Haltung der SPD zur Vorratsdatenspeicherung, die von einem mäandernden Hin und Her geprägt ist. So bezeichnete die SPD einst die blockierende FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger als „Sicherheitsrisiko“. Nach den NSA-Enthüllungen von Ed Snowden führte die SPD dann einen Anti-Überwachungs-Wahlkampf.
Im Koalitionsvertrag mit der Union stimmte man der Vorratsdatenspeicherung aber wieder zu. Als der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie letztes Jahr kippte, profilierte sich SPD-Justizminister Maas als Gegner der Vorratsdatenspeicherung. Nach den Charlie-Hebdo-Attentaten in Frankreich sprach sich Parteichef Gabriel wieder dafür aus.
Die SPD hat in dieser Frage keine Linie und keine nachvollziehbare Position. Stets hängt sie ihr Fähnchen in den Wind, reagiert auf Ereignisse oder versteckt sich hinter Gerichtsurteilen, die dann doch nicht so eindeutig sind wie behauptet.
Die aktuelle Diskussion über eine Vorratsdatenspeicherung ohne EU-Vorgabe dürfte die SPD nun zwingen, endlich eine erkennbare Position zu beziehen. Das könnte bei einer Volkspartei durchaus auch ein Kompromiss sein. Möglichkeiten gibt es viele, sinnvoll ist aber nur eine: maximal zwei Wochen Vorratsdatenspeicherung bei IP-Adressen, null Vorratsdatenspeicherung bei Telefonkontakten. Damit sollten Bürgerrechtler und Polizei leben können.
8 Mar 2015
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