taz.de -- Konzerne bejammern Energiewende: Heul doch, Eon!

Eon und RWE präsentieren sich als Opfer der Energiepolitik. Das ist an Verlogenheit kaum zu überbieten. Hoffentlich fällt darauf keiner herein.
Bild: Im Tal der Tränen spiegeln sich die bösen Kühltürme des AKW Grohnde.

BERLIN taz | Es klingt zum Herzerweichen. „Das Tal der Tränen ist noch nicht durchschritten“, sagte RWE-Chef Peter Terium am Dienstag bei der Vorstellung der Bilanz des Energieriesen. Bei der konventionellen Stromerzeugung, die das Kerngeschäft von RWE darstellt, sei die Situation „dramatisch“ und verschlechtere sich weiter. „Wir leiden darunter ganz erheblich“, beklagte Terium.

Einen Tag später schlug Eon-Chef Johannes Teyssen einen ähnlichen Ton an. 2014 sei „kein einfaches Jahr“ für das Unternehmen gewesen, und „das Fahrwasser bleibt schwierig“, sagte er.

Die Verantwortung dafür sieht er vor allem bei der Regierung: „Politische Entscheidungen“ hätten dazu geführt, dass viele Gaskraftwerke sich nicht mehr rentieren. Passend zu dieser Kritik präsentierte der Vorstand des größten deutschen Energiekonzerns einen Rekordverlust von 3,2 Milliarden Euro.

Die Botschaft ist klar: Weil die deutsche Energiewende die Stromkonzerne in die roten Zahlen treibt, muss die Politik sie dringend unterstützen – etwa durch neue Subventionen für konventionelle Kraftwerke oder durch eine Entlastung bei den Entsorgungskosten der Atomkraftwerke.

Die Konzerne tricksen

Diese Verlogenheit ist schwer erträglich. Zum einen zeichnen die Konzerne ihre Lage deutlich düsterer, als sie ist. Die Eigenkapitalrendite liegt bei beiden Unternehmen noch immer über 8 Prozent. Im operativen Geschäft machen sowohl Eon als auch RWE weiterhin Milliardengewinne – nur nicht mehr so hohe wie den seligen Zeiten der regionalen Monopole.

Dass bei Eon in der Bilanz für 2014 aus einem operativen Gewinn von 4,7 Milliarden Euro ein Fehlbetrag von 3,1 Milliarden Euro wird, liegt an Abschreibungen (also am rechnerischen Wertverlust) bei konventionellen Kraftwerken – und zwar vor allem in Schweden, Italien und Großbritannien. Mit der deutschen Energiewende hat das nicht das Geringste zu tun.

Zum anderen verschweigen die deutschen Stromriesen, zu denen neben Eon und RWE auch noch EnBW und Vattenfall gehören, wie sie mit eigenen Fehlentscheidungen dazu beigetragen haben, dass sie heute schlechter dastehen.

Zu lange untätig

Obwohl ein langfristiger Umstieg auf erneuerbare Energien erklärtes Ziel aller Parteien im Bundestag ist, haben die Konzerne dieses Geschäftsfeld lange Zeit ignoriert. Die Renditen der Ökostromanlagen waren ihnen im Vergleich zu den gewinnträchtigen Kohle- und Atomkraftwerken schlicht zu gering.

Und dass heute die vergleichsweise umweltfreundlichen und flexiblen Gaskraftwerke tatsächlich vielfach Probleme am Markt haben, liegt weniger an der Energiewende als daran, dass umweltschädliche und unflexible Kohlekraftwerke die Netze verstopfen und die Preise an der Strombörse verderben.

Noch 2012, als der Ausbau der erneuerbaren Energien auf Hochtouren lief und die deutschen Klimaziele lange bekannt waren, nahm RWE im nordrhein-westfälischen Neurath das größte Braunkohlekraftwerk Europas ans Netz. Und Vattenfall zog sogar vor ein internationales Schiedsgericht, um sein neues Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg gegen die Politik durchzusetzen. Dass es nun massive Überkapazitäten am deutschen Strommarkt gibt, ist also vor allem die Schuld unternehmerischer Blindheit.

Verantwortung zeigen!

Erfreulicherweise werden die schlechten Verlierer mit ihrer Mitleidstour bei der Politik bisher weitgehend ignoriert. Die von den Konzernen geforderten Subventionen lehnt SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als „Hartz IV für Kraftwerke“ kategorisch ab. Und auch bei den Atom-Rückstellungen deutet sich an, dass der Staat dafür sorgen will, dass die Konzerne sich nicht vor ihrer finanziellen Verantwortung drücken.

Das ist auch nötig. Denn auch wenn die Konzerne derzeit noch auf hohem Niveau jammern – langfristig ist ihre Existenz tatsächlich gefährdet. Angesichts der Fehlentscheidungen, die sie in der Vergangenheit getroffen haben, wäre das kein großer Verlust.

11 Mar 2015

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

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