taz.de -- Kommentar Netzkonzerne und Ökostrom: Grünes Netz? Da geht noch mehr
Wenn Greenpeace Facebook und Google für die Nutzung erneuerbarer Energien lobt, bedeutet das vor allem eines: Ein grünes Internet ist machbar.
Ist das Internet eigentlich öko? Oder eher eine Ökosauerei? Die Sache lässt sich in etwa so einfach beantworten wie die Frage, ob Wohnen öko sei. Denn: Es kommt immer darauf an. Und auf die Alternative.
Beispiel E-Mails: Sie verbrauchen deutlich weniger Energie und Ressourcen als ein Brief, andererseits werden deutlich mehr von ihnen verschickt – vor allem was unerwünschten Werbemüll angeht.
Ähnlich sieht es beim Onlineshopping aus: Der notorische Retourenversender, der immer per Expressversand bestellt, handelt deutlich unökologischer als jemand, der gezielt Waren ordert, die er tatsächlich behalten will. Vor allem, wenn die Alternative wäre, die Einkäufe mit dem Pkw zu erledigen.
Wenn Greenpeace nun Amazon, Ebay und Oracle für hohen Stromverbrauch und die Nutzung fossiler Energiequellen kritisiert und gleichzeitig Apple, Facebook und Google für die Verwendung von Erneuerbaren lobt, zeigt das vor allem eines: Ein grüneres Internet ist machbar.
Es gibt keinen Grund dafür, dass die für Rechenzentren genutzte Energie aus Kohle und Atom stammt, dass die Abwärme von Servern ungenutzt verpufft, dass Betreiber gleich ganze Hallen per Klimaanlage kühlen, statt Kälte gezielt einzusetzen.
Und all das gewinnt an Bedeutung, schließlich speichern immer mehr Nutzer und Firmen ihre Daten in der Cloud statt auf dem heimischen Rechner, auch das Streamen von Filmen und Musik gehört dazu.
Nun ist es sicher nicht die beste Idee, den Cloud- oder E-Mail-Anbieter allein nach dessen Stromlieferanten oder den Browser nach dem Energieverbrauch auszusuchen. Dafür gibt es genug andere wichtige Kriterien – Datenschutz, Serverstandort, angebotener Transportverschlüsselung oder schlichtweg das Vertrauen in den Anbieter. Um so entscheidender, dass die Unternehmen selbst tätig werden.
15 May 2015
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