taz.de -- Kommentar Verfassungsschutz: Staatlich sanktionierte Gewalt
Die Reform des V-Leute-Wesens ist eine Charmeoffensive – ohne Konsequenzen. Vernünftiger wäre die Abschaffung der Spitzel gewesen.
Der Verfassungsschutz hat im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU völlig versagt. Weder fand er heraus, wo sich die drei untergetauchten Thüringer Rechtsextremisten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe aufhielten, noch begriff er, dass die bundesweite Serie von Morden an Migranten das Werk von Rechtsterroristen war.
Als Reform werden nun alle möglichen Einschränkungen für die V-Leute des Verfassungsschutzes verkauft. Sie sollen weniger Geld erhalten und früher keine schweren Straftaten begangen haben. Dabei geht es aber nur um Akzeptanzbeschaffung.
Die V-Leute sind aber nicht das Hauptproblem des Verfassungsschutzes. Im NSU-Umfeld haben sie teilweise durchaus brauchbare Hinweise geliefert, die dann aber im Apparat versickerten. Um die Quellen zu schützen, wurden ihre Informationen nicht genutzt.
Ein Verfassungsschutz, der sein Wissen abschottet, statt es zu teilen – das ist das Hauptproblem. Da wäre die Abschaffung des Verfassungsschutzes oder zumindest seines Spitzelwesens durchaus konsequent. Mal sehen, wie weit Rot-Rot-Grün in Thüringen wirklich geht.
Freibrief für Straftaten
Die Bundesregierung will stattdessen eine Pflicht zu mehr Kooperation und Informationsaustausch einführen. Das hat man schon oft versucht. Es wäre ein kleines Wunder, wenn es diesmal gelänge.
Aber auch die Akzeptanzoffensive für den Verfassungsschutz und seine V-Leute wird nicht gelingen, wenn man den Spitzeln gleichzeitig einen Freibrief ausstellt, Straftaten begehen zu können. Es ist völlig inakzeptabel, dass ein V-Mann, der mit seinen Kumpanen einen Flüchtling verprügelt, straffrei ausgehen kann – weil er seinem Vorgesetzten hinterher erzählt, welche Lieder dabei gesungen wurden. Es darf keine staatlich gebilligte Gewalt gegen Andersdenkende geben.
25 Mar 2015
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