taz.de -- Kurden und IS im Irak: Bomben und Hilfsgüter

Die US-Luftwaffe fliegt Angriffe auf vier Ziele im Nordirak. Tausende vor den Islamisten geflüchtete Jesiden sind von kurdischen Kämpfern in Sicherheit gebracht worden.
Bild: Ein kurdischer Checkpoint nahe Erbil gerät am Freitag unter Beschuss.

ERBIL afp | Die US-Luftwaffe hat den zweiten Tag in Folge die Dschihadisten im Nordirak angegriffen. Kampfflugzeuge und Drohnen hätten am Samstag „erfolgreich vier Luftangriffe zum Schutz der jesidischen Zivilisten“ nahe Sindschar vorgenommen, erklärte das US-Zentralkommando. US-Präsident Barack Obama stellte seine Landsleute auf einen länger andauernden Militäreinsatz im Irak ein.

Der erste Angriff am Samstag erfolgte laut Zentralkommando (Centcom) gegen 17.20 Uhr MESZ. Er traf demnach einen gepanzerten Truppentransporter. 20 Minuten später habe die US-Luftwaffe zwei Angriffe geflogen, bei denen zwei weitere IS-Truppentransporter sowie ein gepanzerter Lastwagen getroffen worden seien. Beim vierten Angriff gegen 21.00 Uhr MESZ habe ein Kampfjet einen weiteren Truppentransporter getroffen.

Die USA hatten am Freitag erstmals IS-Stellungen im Nordirak angegriffen. Präsident Barack Obama hatte gezielte Luftangriffe auf die Dschihadisten angeordnet, um US-Einrichtungen in der Stadt Erbil zu schützen und einen „möglichen Völkermord“ an den Jesiden zu verhindern.

Angehörige der religiösen Minderheit waren wegen des Vormarschs der IS in das Sindschar-Gebirge geflohen und harrten dort Tage ohne Wasser und Nahrung aus. Bis zum Samstag wareden die USA drei Mal Wasser und Lebensmittel aus der Luft ab, um die Menschen vor dem Verhungern zu retten.

Mindestens 20.000 von ihnen sind nun offenbar in Sicherheit. Nach übereinstimmenden Angaben vom Sonntag gelangten die Angehörigen der religiösen Minderheit zunächst unbeschadet ins angrenzende Syrien und dann wieder zurück in den Irak. Ein Vertreter der autonomen Kurdenregierung sagte, etwa 30.000 Flüchtlinge seien von kurdischen Kämpfern wieder zurück in den Irak eskortiert worden.

Röttgen fordert Solidarität

Großbritannien und Frankreich kündigten an, am Sonntag ebenfalls Hilfsgüter zu den Flüchtlingen im Nordirak zu schicken. Auch Australien erwägt eine Beteiligung an den Hilfsflügen. Die jesidische irakische Abgeordnete Wian Dachil sagte, für die Rettung der entkräfteten Vertriebenen blieben wegen der glühenden Sommerhitze höchstens ein bis zwei Tage. „Danach werden sie in Massen sterben.“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), forderte die Bundesregierung auf, ihre passive Haltung im Irak-Konflikt grundlegend zu revidieren. Deutschland müsse sich zusammen mit der Europäischen Union „aktiv dafür einsetzen“, dass der IS die politische Unterstützung entzogen werde, sagte Röttgen der Welt am Sonntag. Röttgen bezeichnete die US-Luftangriffe als „geeignet und notwendig, um Massenmorde und massenhafte Zerstörung zu verhindern“. Deutschland solle sich mit den USA „solidarisch zeigen“.

Die Einnahme der Jesiden-Hochburg Sindschar durch die IS vor einer Woche hatte nach UN-Angaben 200.000 Zivilisten in die Flucht getrieben. Darüber hinaus sollen bis zu 100.000 Christen aus der Nähe von Mossul vor den Dschihadisten geflohen sein.

Mindestens 500 Jesiden wurden getötet. Einige Angehörige der religiösen Minderheit seien in Massengräben in und um die Stadt Sindschar lebendig begraben worden, sagte Menschenrechtsminister Mohammed Schia al-Sudani am Sonntag. Darunter seien auch Frauen und Kinder gewesen. Etwa 300 Frauen seien zudem verschleppt und versklavt worden.

10 Aug 2014

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