taz.de -- Krieg im Irak: USA intervenieren auf allen Ebenen

Die USA ergreifen Partei für Präsident Masum im Streit mit Ministerpräsident al-Maliki. Die gegen die Dschihadisten kämpfenden Kurden erhalten Waffen.
Bild: Demnächst mit neuen Waffen. Kurdische Peshmerga im Norden des Irak.

WASHINGTON/BAGDAD/SYDNEY dpa/ap/afp | Im Ringen um eine Stabilisierung der Lage im Irak sind die USA weiter von Ministerpräsident Nuri al-Maliki abgerückt. In einem Machtkampf zwischen dem Regierungschef und Präsident Fuad Masum stellten die USA sich klar hinter das Staatsoberhaupt. Zugleich drang Washington erneut auf die Bildung einer Regierung in Bagdad, die alle religiösen und gesellschaftlichen Gruppen vertritt.

Der Schiit al-Maliki, dem eine systematische Benachteiligung der Sunniten im Land angelastet wird, hatte zwar mit seiner Partei die Parlamentswahl im April gewonnen, aber keine ausreichende Mehrheit für eine Regierungsbildung erreicht.

US-Außenminister John Kerry forderte al-Maliki auf, die Spannungen im Land nicht weiter zu schüren. Die Bildung einer Regierung sei für die Stabilität des Iraks von großer Bedeutung, sagte Kerry am Montag in Sydney. „Wir hoffen deshalb, dass Maliki kein Öl ins Feuer gießt.“

Maliki ergebene Spezialtruppen hatten am Sonntag in Bagdad an strategisch wichtigen Orten Positionen bezogen. In einer Fernsehansprache am späten Sonntagabend hatte sich der schiitische Regierungschef unnachgiebig gegenüber seinen Kritikern gezeigt und angedeutet, nicht auf eine dritte Amtszeit zu verzichten. Wegen der militärischen Erfolge der sunnitischen Miliz Islamischer Staat (IS) im Norden des Landes war er unter besonderen Druck geraten.

Zugleich warf Maliki dem kurdischen Präsidenten Fuad Massum Verfassungsbruch vor. Die USA sicherten dem Präsidenten ihre volle Unterstützung zu. Allen Irakern müsse klar sein, dass es für Abweichungen vom rechtmäßigen Kurs wenig internationalen Rückhalt geben werde, fügte Kerry hinzu.

Der Krieg geht weiter

Wie US-Regierungskreise am Montag mitteilten, haben die USA damit begonnen, kurdischen Sicherheitskräfte im Norden des Irak mit Waffen auszustatten. Die Regierungskreise gaben nicht bekannt, welche US-Behörde die Waffen liefere und um welche Art von Waffen es sich handelt. Ein Beamter sagte, es sei nicht das Pentagon. In der Vergangenheit hatte der Geheimdienst CIA ähnliche Bewaffnungsoperationen geleitet. Die Beamten sagten, die Regierung sei dabei, auch Pläne einer Bewaffnung der Kurden durch das Pentagon zu prüfen.

Die USA hatten es in den vergangenen Jahren stets abgelehnt, den Kurden im Irak direkte, militärische Ausrüstung zu liefern. Zu groß war die Angst, damit deren Streben nach Unabhängigkeit zu unterstützen. Die US-Regierung bestand darauf, ausschließlich der Zentralregierung in Bagdad Waffen zu verkaufen – selbst, nachdem Ministerpräsident Nuri al- Maliki eine schriftliche Zusage gebrochen hatte, einige davon an die Kurden zu liefern.

Der Vormarsch der Islamisten hat diese Haltung verändert. Zu leicht hat die Extremistengruppe Islamischer Staat die leicht bewaffneten kurdischen Einheiten überwältigt und das Kurdengebiet sowie dort stationierte US-Bürger bedroht.

Die USA hatten am Sonntag erneut fünf Luftangriffe gegen die Terrormiliz geflogen, dem US-Zentralkommando in Florida zufolge „zur Verteidigung kurdischer Streitkräfte bei Erbil“. Präsident Barack Obama bekräftigte, dass der Militäreinsatz der USA begrenzt sei und keine Bodentruppen in den Irak zurückkehren würden. Er mahnte die Iraker, dass die USA auch mit ihren militärischen Mittel die Irakkrise letztlich nicht lösen könnten

Nach Polizeiangaben haben die IS-Rebellen die nordöstlich von Bagdad gelegene Stadt Dschalaula erobert. Die Aufständischen seien nach wochenlangen Kämpfen mit kurdischen Einheiten Montag früh in die Stadt eingerückt. Dschalaula liegt 115 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Auch nahegelegene Dörfer hätten die sunnitischen Rebellen unter ihre Kontrolle gebracht, teilte die Polizei mit.

11 Aug 2014

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