taz.de -- Bodyhorrorfilm „Together“: Aus zwei wird eins

Zusammenkommen mal ganz anders: Im Debütfilm „Together – Unzertrennlich“ von Michael Shanks geht ein junges Paar buchstäblich auf Tuchfühlung.
Bild: Für Millie (Alison Brie) und Tim (Dave Franco) wird es eng in „Together“

Es gibt so einige großartige Einfälle in diesem sehr unterhaltsamen Film, etwa die Wortschöpfung „Boypartner“. Die wird der Grundschullehrerin Millie (Alison Brie) von ihrem neuen, verdächtig freundlichen Kollegen Jamie (Damon Herriman) vorgeschlagen. Sie hat sich ihm gerade anvertraut und ringt um das richtige Wort für Tim (Dave Franco), einem arbeitslosen Slacker Ende dreißig, der immer noch vom großen Durchbruch als Musiker träumt und mit dem sie seit über zehn Jahren zusammen ist.

Millie plagen Zweifel an der Beziehung, die Jamie mit wohlfeilen Ratschlägen auszuräumen versucht: „Wir verbringen unser Leben damit, unsere zweite Hälfte zu suchen. Wenn man glaubt, sie gefunden zu haben, sollte man sie nicht so schnell aufgeben.“

Millie und Tim sind vor Kurzem von der Großstadt aufs Land gezogen. Auf der Abschiedsfeier verkündete Millie noch voller Überzeugung, dass ihr der neue Job mehr Sinn und der Umzug der etwas eingeschlafenen Beziehung neues Leben einhauchen würde. Aufkommende Bedenken, dass Tim fernab von der Stadt, ohne Job, ohne Führerschein zu anhänglich werden könnte, schlug sie leichtfertig in den Wind. Lieber machte sie ihm auf der Party noch einen spontanen Heiratsantrag.

Anti-Rom-Com mit schrägem Witz

Was hier den Anschein einer konventionellen, geradezu vorhersehbaren [1][Romantic Comedy] über gegenseitige Abhängigkeit und die Frage, wie viel Selbstaufgabe eine Beziehung verträgt, erweckt, entwickelt sich schon bald zu einem schrägen [2][Bodyhorror] ganz eigener Spielart. Der australische Regisseur und Drehbuchautor Michael Shanks legt mit „Together – Unzertrennlich“ einen ebenso schaurigen wie witzigen Debütfilm vor, der zu viel Spaß an der eigenen Inszenierung hat, als dass er sich mit einer allzu tiefsinnigen Abhandlung über festgefahrene Beziehungen aufhält.

Der ganze Irrsinn nimmt seinen Lauf, als Millie und Tim bei einer Wanderung durch einen nahegelegenen Wald von einem Unwetter überrascht werden und die Nacht in einer unterirdischen Höhle verbringen müssen. Nachdem Tim dort aus einer sonderbaren, pechschwarzen Wasserquelle getrunken hat, wachen beide am nächsten Tag mit leicht aneinandergeklebten Beinen auf.

Zurück in ihrem heimeligen Landhaus entwickelt Tim, der sich vom Umzug eigentlich mehr Freiraum für seine musikalischen Ambitionen wünscht, plötzlich ein unstillbares Bedürfnis nach Millie. Der Drang nach Zweisamkeit und Sätze wie „Es ist schmerzhaft, von dir getrennt zu sein“ oder „Vielleicht würde eine Trennung jetzt weniger wehtun“ erhalten fortan eine ganz andere, leibhaftige Bedeutung.

Michael Shanks spielt dabei gekonnt mit den Stilmitteln des Horrors, ohne sein Gespür für absurden Humor zu verlieren. Neben einigen Jump-Scares überzeugt vor allem ein perfekt austariertes Sounddesign, das den klitschigen Körperhorror regelrecht in die Gehörgänge kriechen lässt.

Alison Brie und Dave Franco, die auch im echten Leben ein Paar sind und den Film mitproduziert haben, zeigen eine enorme Lust an dem wilden Spektakel ihrer körperlichen Symbiose, wenn etwa ein Quickie in einer Klokabine zum klebrigen Alptraum wird oder eine Akku-Gartenschere notgedrungen einem neuen Verwendungszweck zugeführt wird.

Leider mangelt es dem Film an einem kohärent ausgearbeiteten Drehbuch. Das fällt vor allem im letzten Drittel des Films auf, wenn Shanks versucht, seinen Einfällen eine übernatürliche Erklärung überzustülpen, die sich letztlich in Klischees verheddert und einige Aspekte im Eiltempo abfrühstückt. Dafür bekommt man ein Happy End der besonderen Art, bei dem der Spice-Girls-Hit „2 Become 1“ zum romantischen Leitmotiv wird.

31 Jul 2025

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AUTOREN

Tobias Obermeier

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