taz.de -- Wirtschaftsweise in Deutschland: Modernisierung statt Museum
Die Wirtschaftsweisen haben die Zeichen der Zeit erkannt – und nennen Klimaneutralität als treibende Kraft der kommenden Jahrzehnte.
Modernisierungsquoten für die öffentlichen Ausgaben fordern die Wirtschaftsweisen, auch wenn sie sie nicht so nennen. Bund und Länder sollten bestimmte Anteile ihrer Einnahmen verpflichtend für zentrale Aufgaben zur Verfügung stellen. Dazu gehören Schulen und Universitäten, funktionierende Verkehrswege, Investitionen in neue Technologien und leider – aber so ist die Lage, auch das Militär.
Das [1][neue Gutachten des Sachverständigenrats für Wirtschaft,] der die Bundesregierung berät, enthält eine Anzahl von Warnungen, die in der Politik noch nicht richtig angekommen sind. Vor allem: Die 100 bis 150 Jahre alten industriellen Kerne Deutschlands müssen sich schnell umstellen, wenn auf ihnen auch zukünftig die [2][Produktion von Wohlstand] beruhen soll. Denn es werden wohl bald weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, das Institut der Deutschen Wirtschaft spricht von bundesweit mehr als 530.000 qualifizierten Arbeitskräften, die fehlen. Und in Zeiten autokratischer Großmächte funktioniert das deutsche Exportmodell nicht mehr so wie früher. Darüber hinaus fehlt es der hiesigen Wirtschaft an neuen, konkurrenzfähigen Produkten.
Das müssen gesellschaftliche Linke und Progressive ebenso verstehen wie Liberale, Konservative und Rechte. Erstere haben eher Probleme mit schnellem wirtschaftlichem Fortschritt und technologischen Sprüngen, Letztere stehen lenkenden Eingriffen des Staates wie etwa in der Klimapolitik kritisch gegenüber. Beides aber ist dringend nötig.
Die Wirtschaftsweisen benennen die Transformation zur [3][Klimaneutralität als eine der treibenden Kräfte der kommenden Jahrzehnte.] Das ist auch ein Tipp in Richtung der [4][neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU)]. Fossile Energien haben im Wesentlichen keine Zukunft, Gaskraftwerke und Gasheizungen ebenso wenig, von einigen Ausnahmen mal abgesehen. Das beschlossene Datum der Klimaneutralität 2045 erfordert, dass nicht irgendwann, sondern jetzt schnell gehandelt wird. Sonst sichert die Politik keine Modernisierungs-, sondern ausschließlich Museumsquoten.
21 May 2025
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Bundesrepublik teilt sich beim Wirtschaftswachstum der Industrieländer den drittletzten Platz mit Mexiko, so die Prognose der OECD – vor Österreich und Norwegen.
Die Aussichten für die Unternehmen sind düster. Und die neue Bundesregierung? Hat wenig Ideen und setzt auf alte Rezepte gegen die Krise.
Der Zustand der Bahn verschlechtert sich seit Jahren. Das liegt auch an widersinnigen Finanzierungskreisläufen – und der Schuldenbremse.
Die Wirtschaftsweisen fordern feste Investitionsquoten. Die Regierung soll sich keine Konsumausgaben genehmigen können.
Das wirtschaftliche Beratergremium der Bundesregierung hat seine Konjunkturprognose für 2025 abgesenkt. Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung.
Selbst die Union und Kanzlerkandidat Merz debattieren jetzt über die Reform der Schuldenbremse. Wie realistisch sind die möglichen Varianten?
Manche wittern hinter dem Streit eine Intrige gegen die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Tatsächlich geht es um etwas anderes.