taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Halbtrauer im Diskodickicht

Jan Jelinek ist einer der vielseitigsten deutschen Experimentalmusiker. Auf seinem Album „Kosmischer Pitch“ ist Wiederholung das Prinzip.
Bild: Hier spielt die Musik: G. Guillaume Studio 2006

Es ist ein ein leichter Schwebezustand, den man wahrzunehmen scheint, hypnotisch, tranceartig. Der Berliner Produzent Jan Jelinek kreiert auf dem Album „Kosmischer Pitch“ sanft pulsierende Sounds, die sich wiederholen und wiederholen und wiederholen; Klangschleifen, in den denen man sich verlieren kann.

[1][Jelinek] ist einer der inspirierendsten und vielseitigsten Experimentalmusiker hierzulande, er hat unter verschiedenen Aliassen Musik gemacht, ist in [2][unterschiedlichsten Subgenres elektronischer Musik] bewandert. „Kosmischer Pitch“ ist ein Album aus dem Jahr 2005, das Jelinek nun auf seinem eigenen Label Faitiche wiederveröffentlicht hat. Wie der Titel andeutet, ist es der [3][Tradition des Krautrock]/der Kosmischen Musik verpflichtet, vor allem dem in dieser Musikrichtung gängigen Stilmittel der Repetition.

In dem Track „Im Diskodickicht“ wiederholen sich etwa verschiedene Synthesizer-Patterns und werden übereinandergeschichtet, im Eingangstrack „Universal Band Silhouette“ folgt man einem entspannten Beat und einer immergleichen Melodie, das Stück „Planeten in Halbtrauer“ wird von wenigen Bassgitarren-Tönen dominiert, die immer wieder gesampelt werden. „Lithiummelodie 1“ erinnert dann an die unterschwellig brodelnden Electronica, die The Notwist seinerzeit verwendeten.

So gut wie die Songtitel —„Planeten in Halbtrauer“ dürfte eine Anspielung an Arno Schmidts „Kühe in Halbtrauer“ sein — sind auch diese Songs, die einen ganz sachte in eine andere Welt schubsen. Was ganz angenehm ist in diesen Tagen.

8 Feb 2025

LINKS

[1] /Neue-Elektroalben-fuer-den-Sommer/!6022924
[2] /!1190122/
[3] /Jan-Jelinek-remixt-James-DIN-A-4/!5044260

AUTOREN

Jens Uthoff

TAGS

taz Plan
Kolumne Berlinmusik
Experimentelle Musik
Musikproduzent
Krautrock
Synthesizer
Berlin-Kreuzberg
taz Plan
taz Plan
taz Plan
Musik
Punk
taz Plan
taz Plan

ARTIKEL ZUM THEMA

Kreuzberger Ukuleleladen muss schließen: Abschied vom „hüpfenden Floh“

Ausverkauf im Leleland in der Gneisenaustraße. Ladenbesitzer Harry Truetsch muss sein Geschäft aufgeben. Es ist einmalig in Europa.

Neue Musik aus Berlin: Mit David Lynch in der Geisterbahn

Unheimliche Klangwelten sind Hüma Utku Metier. Ihr neues Album „Dracones“ setzt sich mit Dämonen und Entfremdung auseinander – aber auch mit Liebe.

Neue Musik aus Berlin: Ein Dopamin-Shot als Appetizer

Die kolumbianische Experimentalmusikerin Lucrecia Dalt hatte immer schon eine Pop-Ader. Das beweist auch ihre neue EP „cosa rara“.

Neue Musik aus Berlin: Zeitlose Klangskulpturen

Auf seinem neuen Album „Stones That I Have Chiseled“ erweitert das Jazz-Trio Flut den Vorstellungsraum: Klänge wie das Eintauchen in einen Farbenflow.

Berliner Synthesizer Museum: Klangmaschinen im zweiten Stock

Musikproduzent Michael Soltau hat in Berlin-Kreuzberg ein Synthesizer Museum eröffnet. Die Instrumente können dort sogar ausprobiert werden.

Punk mit Zeitgeist: Dauernervös und aufs Wesentliche reduziert

Die Berliner Punkband Benzin nimmt klug auf die Gegenwart Bezug. Am Freitag spielt sie mit „Die Verlierer“ und „Sexverbot“ im Berliner SO36.

Neue Musik aus Berlin: Mit Nachhall

Chikiss ist zurück: Auf „Between Time And Laziness“ verwebt die belarussischen Musikerin Wave, Synth, und Folk. Eine vielseitige Platte, die Trost spendet.

Neue Musik aus Berlin: Maximal freie Impro

Sie nennen sich Beispiel: Für ihr Album „Muster“ linken Frank Bretschneider und Jan Jelinek ihre Stile via zweier Stereospuren. Ein Minimal-Erlebnis.