taz.de -- Queerly Beloved: Romnja & Sintizze: „Wir erforschen jedes Leben“
Inwiefern beeinflussen intersektionale Identitäten, wie wir über Verfolgung und Erinnerung sprechen? Die Historikerin Dr. Joanna Ostrowska erklärt es.
In dieser Folge von Queerly Beloved: „Rom*nja Widerstand im Wandel der Zeit“, einem Podcast der [1][taz Panter Stiftung] in Zusammenarbeit mit [2][n-Ost], tauchen die Journalistinnen Melania Swiontek Brzezinski und Ann Toma-Toader tief in die oft vernachlässigte Geschichte der Verfolgung von queeren Rom*nja und Sinti*zze während des Nationalsozialismus ein.
Ihre Gästin, [3][Dr. Joanna Ostrowska], Historikerin und Autorin, bietet eine fundierte historische Einordnung und beleuchtet die Herausforderungen der Forschung in diesem Bereich. Warum sind die Opferzahlen des Porajmos so stark umstritten? Wie beeinflussen intersektionale Identitäten die Art und Weise, wie wir über Verfolgung und Erinnerung sprechen? Dr. Ostrowska geht auch auf das Schicksal von Persönlichkeiten wie Suleika Aldini ein, die als Travestie-Tänzerin und Rom*nja eine wenig bekannte, aber bedeutende Figur dieser Geschichte ist.
Sie diskutieren zudem die Rolle von [4][Ceija Stojka], einer Überlebenden mehrerer Konzentrationslager, die mit ihrer Kunst und ihrem Aktivismus maßgeblich zur Aufarbeitung des Porajmos beigetragen hat. Abschließend hinterfragen Swiontek Brzezinski und Toma-Toader die Nutzung der bekannten Kategorisierungen von Häftlingen im KZ-System und reflektieren über die Gefahren klarer, aber möglicherweise vereinfachender Unterscheidungen.
„Wenn man über Zahlen im Zusammenhang mit den sogenannten queeren Opfern des Zweiten Weltkriegs nachdenkt, verwenden wir sehr oft diese Zahl zwischen 10.000 und 50.000 Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs verfolgt wurden. Aber eigentlich sind diese Zahlen hauptsächlich mit Männern verbunden, die nach Paragraph 175 oder 175a verfolgt wurden“, sagt Dr. Ostrowksa über die große Diskrepanz der Opferzahlen während des Nationalsozialismus. „Das ist ein gutes Beispiel, um zu zeigen, wie auch Forscher ihre Meinung ändern. So gab es bis 2018 die Zahl, dass am 2. August 1944 in Auschwitz etwa 3.000 Menschen an einem Tag in Gaskammern ermordet wurden. Nun wurde diese Zahl geändert, weil endlich mal jemand richtig recherchiert und alle Quellen benutzt hat. Jetzt sind es also 4.300 Menschen. Und natürlich kann am Ende des Tages jemand, der brutaler ist, sagen, es handle sich lediglich um 1.000-2.000 mehr. Aber wir erforschen jedes Leben. Wir versuchen, etwas über jede Biografie zu schreiben, jedes Leben, jede Quelle ist extrem wichtig und entscheidend für uns“.
Über ihre Aufgabe als Historikerin sagt Dr. Ostrowksa: „Ich mag den Ausdruck nicht, jemandem eine Stimme zu geben. Darum geht es nicht. Es geht mehr darum, Biografien zu zeigen, das Leben zu zeigen von Menschen, die so viele Jahre lang vergessen wurden.“
Diese Podcastserie ist eine Produktion der [5][taz Panter Stiftung], mit Unterstützung von [6][n-ost]. Am 1. und 15. Februar, am 8. und 29. März erscheinen die kommenden Folgen.
19 Jan 2025
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