taz.de -- Ampel-Politik bei der Vermögenssteuer: Falsche Prioritäten

Seit 1996 müssen Reiche keine Vermögenssteuer zahlen. Das hat den Fiskus über 380 Milliarden gekostet. Das sollte die Ampel korrigieren.
Bild: Besteuerung von Vermögen könnte Geld in die Staatskasse spülen

Die Ampelkoalition setzt im Haushaltsstreit die falschen Prioritäten. Wenn das [1][Geld fehlt, dann liegt das nicht unbedingt an den Ausgaben.] Es fehlen häufig die Einnahmen. Statt also in Erbsenzählermanier um Einzeletats zu streiten und womöglich wichtige Investitionen für Soziales und die Transformation zu streichen, sollte das Kabinett sich finanziell mehr Spielraum verschaffen. Unsere krisenhafte Zeit braucht keinen schlanken, sondern einen handlungsfähigen Staat. Und nein: Es geht hier nicht um die Reform der Schuldenbremse. Es geht um die Besteuerung von Vermögen, damit auch Reiche und Superreiche einen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben leisten.

Lange genug wurden die Superreichen geschont. Der Spitzensteuersatz wurde gesenkt, statt der normalen Einkommenssteuer werden Kapitalerträge nur mit der Abgeltungssteuer belegt. Und vor allem wird seit 1996 keine Vermögenssteuer mehr erhoben. [2][Über 380 Milliarden hat das den Fiskus laut einer neuen Studie bisher gekostet]. Allein für 2023 beläuft sich der Verlust auf 30 Milliarden Euro. Angesichts der knappen Kassen ist es deshalb geradezu fahrlässig, dass die Ampelkoalition nicht über die Wiedererhebung der Vermögenssteuer berät.

Zugegeben: Im Streit über den Bundeshaushalt hilft die Vermögenssteuer nur bedingt weiter. Sie käme den Ländern zugute, nicht dem Bund. Doch davon würden mittelbar auch die Kommunen profitieren, bei denen der Investitionsstau besonders hoch ist. Gleichzeitig hat die Ampel die Möglichkeit, eine Vermögensabgabe zu erheben, um eine [3][klimagerechte Transformation der Wirtschaft] zu stemmen.

Gegen solche Pläne würde sich der [4][FDP-Finanzminister Christian Lindner] mit Händen und Füßen wehren. Dabei wäre eine stärkere Besteuerung von Vermögen nicht nur gerecht – sondern langfristig sogar im Interesse der Superreichen selbst. Schließlich ist die Wirtschaft auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Vermögenssteuer und -abgabe würden also auch Gewinne und Dividenden von morgen mitfinanzieren.

2 Jul 2024

LINKS

[1] /Diskussion-ueber-Bundeshaushalt-2025/!6021191
[2] /Inflation-bei-22-Prozent/!6017918
[3] /Umfrage-zu-Klima-und-Wirtschaft/!6016166
[4] /Ausbau-von-Autobahnen/!6017859

AUTOREN

Simon Poelchau

TAGS

Haushalt
Vermögenssteuer
Christian Lindner
Ampel-Koalition
Klima
Transformation
IG
Reichtum
Haushalt
Haushalt
Vermögen
Haushalt
Soziale Gerechtigkeit
Ampel-Koalition
Haushalt
Ampel-Koalition
Autobahn

ARTIKEL ZUM THEMA

Wiedereinführung der Vermögenssteuer: Lasst doch die Reichen zahlen

Die Vermögensteuer könnte dem Land dringend benötigte Einnahmen bringen. Die Linke fordert eine Wiedereinführung.

Neuer Haushaltsstreit in der Ampel: FDP muss sich ehrlich machen

Eine Reform der Schuldenbremse ist unausweichlich. Doch statt darüber zu verhandeln, versumpfen SPD und FDP mal wieder in Manöver-Kritik.

Haushaltsentwurf für 2025: Loch an Loch – hält doch

Im Etatentwurf für 2025 beträgt die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben 17 Milliarden Euro. Dennoch soll der Plan am Mittwoch beschlossen werden.

Vermögensbericht von Boston Consulting: Megareiche noch viel reicher

3.330 Menschen in Deutschland besitzen fast ein Viertel des gesamten Finanzvermögens. Das sagt ein Bericht der Beratungsfirma Boston Consulting.

Verschärfungen beim Bürgergeld: Klassenpolitik von oben

3 Stunden Arbeitsweg! Mit solchen Maßnahmen werden Bürgergeldempfänger*innen gegängelt, weil die Ampel rechten Reflexen verfällt, statt Probleme zu lösen.

Reichensteuer und Krankenversicherung: Mehr Geld für viele

… und weniger Vorteile für wenige: Was Christian Lindner bei Steuern und Krankenversicherung von den Nachbarn Österreich und Schweiz lernen kann.

Ampel einigt sich auf Haushalt: Haushalt steht, Schuldenbremse auch

Bis in den Morgen wurde verhandelt. Nun steht eine Einigung beim Haushalt. In einem wichtigen Punkt konnte sich die FDP durchsetzen.

Warnrufe aus der Zivilgesellschaft: Fördermittel für Demokratie

Gemeinnützige Organisationen befürchten Mittelstreichungen im Bundeshaushalt. Mit einem offenen Brief wenden sie sich an den Kanzler.

Ausgesetzte Vermögenssteuer: 380 Milliarden Euro Schaden

Die Regierung unter Kohl setzte 1996 die Vermögenssteuer aus. Das Geld fehlt jetzt. Eine Wiedererhebung scheitert auch am Widerstand der FDP.

Ausbau von Autobahnen: Wer braucht schon stabile Brücken?

Die Ampel verhandelt den Haushalt und Wissing will viel Geld in Autobahnen stecken. Dabei wären diese in marodem Zustand viel besser fürs Klima!