taz.de -- Erdoğans Äußerung zur Hamas: Nicht mehr Teil des Westens

Immer wieder kam es unter dem türkischen Präsidenten Erdogan zu Konflikten mit Israel. Er wollte sich als Vermittler inszenieren.
Bild: Verharmlost Hamas als „Befreier“: Türkischer Präsident Erdogan am 11.10. in Ankara

Für Erdoğan ist die islamistische Palästinenserorganisation keine Terrororganisation, sondern als Gruppe von „Befreiern“ zu sehen, die für ihr eigenes Land kämpften. Die Äußerung des türkischen Präsidenten überrascht nicht, er hat die Hamas schon immer für eine Befreiungsbewegung gehalten. Dass sie aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen ist, macht sie für ihn nur umso sympathischer. Schockierend ist lediglich, dass er sich auch jetzt, [1][nach dem Massaker, das die Hamas unter der israelischen Zivilbevölkerung angerichtet hat], so ohne Abstriche hinter die Organisation stellt.

Erdoğan gehört damit also zum Lager, das sich nicht nur dagegen wendet, dass die israelische Regierung aus Rache für den Terrorakt nun die gesamte palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen unter Beschuss nimmt, er rechtfertigt implizit auch den Terror der Hamas.

Schon nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wollte er das Sanktionsregime des Westens nicht unterstützen, er hielt seine Position aber so weit in der Schwebe, dass er sich als möglicher Makler zwischen der Ukraine und Russland positionieren konnte. Unmittelbar [2][nach dem Hamas-Überfall] sah es noch so aus, als wollte Erdoğan erneut eine neutrale Position beziehen die ihm Handlungsspielraum nach beiden Seiten ermöglichen würde.

Er bot sich an, gemeinsam [3][mit Katar] für die Befreiung der Geiseln zu arbeiten, die die Hamas im Gazastreifen gefangen hält. Und er plädierte wie zuvor im Krieg gegen die Ukraine für einen möglichst schnellen Waffenstillstand.

Aus tiefster Überzeugung

Damit ist es nun vorbei. Ob angesichts der steigenden Todeszahlen im Gazastreifen oder aufgrund enttäuschender Gespräche hinter den Kulissen ist unklar, aber Erdoğan hat sich eindeutig gegen den westlichen Konsens positioniert. Er tut dies nicht aus innenpolitischen Erwägungen, sondern [4][aus tiefster Überzeugung].

Immer wieder ist es unter seiner Regierung zu tiefgreifenden Konflikten mit Israel gekommen. Auch die jüngste Annäherung zwischen ihm und Netanjahu ist damit wieder Geschichte. Stärker noch als der Krieg in der Ukraine dürfte dieser Krieg die Spaltung zwischen dem Westen und dem Rest der Welt vorantreiben. Erdoğan ist in dem Konflikt definitiv nicht mehr Teil des Westens.

25 Oct 2023

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[1] /Israel-zeigt-Medien-Hamas-Aufnahmen/!5968766
[2] /Tuerkische-Angriffe-in-Nordsyrien/!5962264
[3] /Nach-dem-Angriff-auf-Israel/!5965022
[4] /Antisemitismus-im-Nahostkrieg/!5965347

AUTOREN

Jürgen Gottschlich

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