taz.de -- Tanzen oder nicht tanzen: Albernes Verbot

An Karfreitag hatte die Hamburger Polizei mit dem Tanzverbot Ernst gemacht und Clubs geschlossen. Danach gingen die Diskussionen los.
Bild: Endlich Ruhe: Straßen von St. Pauli 2021 während der Ausgangssperre

Am Karfreitag hat die Hamburger Polizei der Hamburger Clubszene ein dickes Ei ins Osternest gelegt. Sie hat die Einhaltung [1][des sogenannten Tanzverbots] in den Clubs kontrolliert und einige Clubs geschlossen, unter Androhung von Räumung und Strafgeld.

So etwas ist in Hamburg seit zwanzig Jahren nicht mehr vorgekommen, groß war also der Ärger und ich habe mich ausführlich den Kommentarspalten hingegeben. Es gibt vier Hauptströmungen unter den Meinungen zu dieser Aktion.

Meinung I: Jeder soll Ostern feiern oder auch nicht feiern dürfen, wie es ihm gefällt.

Ich schließe mich dieser Meinung an. Wenn jeder Ostern so begehen darf, wie es ihm gefällt, dann sind doch alle zufrieden, außer natürlich die, die es ärgert, wenn andere Menschen nicht nach den Regeln ihrer Religion leben. Es fällt mir allerdings schwer, diesen Ärger zu verstehen. Wenn im Übel & Gefährlich, zum Beispiel, gefeiert wird, dann bekommt doch nur der etwas davon mit, der selbst diesen Bunker betritt. Ist es nun das reine Wissen um die Existenz dieser Party, das die Leute aufbringt? Fühlten sie sich besser, wenn sie wüssten, dass auch Menschen anderer Einstellung zu Karfreitag ihren Karfreitagsregeln folgen müssen? Wenn sie wüssten, dass andere Menschen dazu polizeilich und unter Androhung von Strafe gezwungen werden? Regeln, die meines Erachtens niemandem nutzen?

Meinung II: Die Kids sollen es aushalten, sich mal einen Tag nicht zu besaufen.

Warum? Gefällt es „den Kids“, sich zu besaufen, wer wollte es ihnen und warum verbieten? Haben sie nicht vielleicht allen Grund dazu? Was für eine frohe Zukunft liegt denn vor ihnen, dass sie auf Hedonismus an Karfreitag verzichten sollen? Und wenn wir sie vom Saufen abbringen wollen, dann ausgerechnet wegen Jesus? In Disneys „Eiskönigin – Das Musical“ hätten sie übrigens problemlos gehen können, diese Art von Unterhaltung scheint ganz im Einklang mit den Regeln des Karfreitag zu stehen.

Meinung III: Wer nicht auf die richtige (christlich religiöse) Weise einen christlich geprägten Feiertag begeht, dem steht der auch gar nicht zu.

Die Feiertage, liebe Kommentator*innen, sind kein Geschenk an die Christ*innen, sie werden gesetzlich festgelegt, vom Arbeitgeber bezahlt und nicht von der Kirche, sie haben vielleicht einen christlichen Ursprung, aber sie verpflichten niemanden, diesem Ursprung nachzuspüren, sie sind keine Belohnung für den christlichen Glauben.

Meinung IV: Die christlichen Feiertage sollten abgeschafft werden.

By the way: Ich glaube nicht an Gott, aber ich feiere Weihnachten und Ostern, ich höre mir sogar jedes Jahr an Weihnachten das Weihnachtsoratorium und an Ostern die Matthäus-Passion an, ich glaube nicht, dass Bach es mir verbieten wollte, weil ich keine Christin bin. Traditionen gehören niemandem, selbst christliche Traditionen gehören nicht den Christen allein. Sie entwickeln sich, werden individuell gestaltet und setzen sich aus persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen zusammen. Manchmal mischt sich sogar heidnisches Brauchtum darein. Würde ich es den Christ*innen vorwerfen, wenn sie einen Weihnachtsmann kommen lassen? Niemandem werfe ich das vor. Die Leute sollen feiern, wie es ihnen gefällt, solange sie nicht jemandem schaden. Die christlich geprägten Feiertage abschaffen? Warum? Wem nützt das? Mir, als Atheistin, würden sie sehr fehlen.

Abgeschafft werden muss nur dieses alberne Verbot.

14 Apr 2023

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AUTOREN

Katrin Seddig

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