taz.de -- Die Kunst der Woche: Im Hot(s)pot

Mit „Tasty Painting“ im Deutschen Künstlerbund hat die Künstlerin Zuzanna Skiba eine Malerei-Ausstellung kuratiert, die Lust auf Experimente macht.
Bild: Genüßlich dekonstruiertes Gemälde: Peter Pumplers „Ghost II“ in der Ausstellung „Tasty Painting“

Man kann gerade regelrecht von einem Kreuzberger Herbst der Malerei sprechen. Denn neben der köstlichen Ausstellung [1][„Paint it all!“] in der Berlinischen Galerie zeigt nur einen Kilometer Luftlinie entfernt der [2][Deutsche Künstlerbund] seine ebenso geschmacksintensive Schau „Tasty Painting“. Wie es im Künstlerbund üblich ist, können sich Mitglieder mit Ausstellungskonzepten bewerben, mit denen sie bei Auswahl den Berliner Projektraum mit Positionen von Mitgliedern sowie anderen Künstler_innen, deren Arbeit sie schätzen, füllen können.

Die Wahl fiel zu dieser ohnehin farbenfrohen Jahrezeit also auf Zuzanna Skiba für das Projekt mit dem lustvollen Titel, mit dem sie uns hier zu Tisch bittet. Sechs Ehrengäste hat sie dazu eingeladen: Markus Keibel, [3][Peter Klare], Anna Leonhardt, Nikolaus List, Peter Pumpler und David Richter.

Links neben der Eingangstür empfängt unverzüglich Peter Pumplers „Ghost II“ (2013), eine seiner der Zweidimensionalität entrissenen Leinwände, hier sogar der Wand entkommen, der Rahmen in sich zusammengeknauscht, das dunkle Bitumen großzügig über das Holz und die Stofffalten fließend.

Wo Pumpler die Stauchung liebt, liebt Peter Klare den Shaped Canvas, der bei ihm meist nicht nur mobil was Inne- und Außenraum angeht, sondern auch flexibel in der Ausrichtung ist. Schräg gegenüber Pumplers Geist lehnt Klares vier Meter hohes gelbes Ereignis aus Kunstfell vertikal vor der Wand. Die Haare sträuben sich, die Löcher im Korpus sind vorsichtig mit ein paar Fäden überzogen, die reichlich Platz für Luft lassen. Und so ist das überdimensionale Bild auch ein Stück See-through.

Haptik und Andruck

Umso dichter dagegen Anna Leonhardts abstrakte Ölschichten, mit denen sie ihre aufgespannte Leinwand aufs Haptischste einschmiert. Markus Keibel setzt derweil die Asche der Aufklärung frei und David Richter überträgt seine Kompositionen und Farbstudien druckartig auf die Leinwand, bis sich die Malfarbe dort andrückt wie Haut an eine Glasscheibe. Nikolaus Lists Bäume auf „Lob des Schattens“ (2015), die tatsächlich vom zarten Schatten einer Häuserfront berührt werden, schließlich scheinen mit Zusanna Skibas „HOTSPOT“ (2018) übers Eck zu kommunizieren, auf dem sich Astlöcher zu tummeln.

Auch Skiba arbeitet Teer in ihr Bild ein, lässt ihn auf Ölfarbe treffen, schabt ihn teils weg, teils schiebt sie ihn zu Erhebungen zusammen. Und dann wird der Ast zu einer Art Armfortsatz und ganz so lieblich wie der Ansatz zunächst scheinen mag, ist dass Ganze doch nicht. Wäre ja auch zu vertraut im Geschmack, würde man sich immer auf das verlassen, von dem man weiß, dass es schmeckt. Dann lieber eintauchen in den experimentellen Hotpot, oder sagen wir: Hotspot.

12 Nov 2022

LINKS

[1] /Die-Kunst-der-Woche/!5887153
[2] https://www.kuenstlerbund.de/
[3] /Archiv-Suche/!5453775&s=noemi+molitor+peter+klare&SuchRahmen=Print/

AUTOREN

Noemi Molitor

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